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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
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209Religion, Kindheit und Gewalt im kolonialen Neuguinea um 1900 der Durchreise etwa einen Monat auf Tumleo82 verbrachte und dort Zeuge wurde, als zwei Männer zur Strafe für den Diebstahl von Lebensmitteln aus dem Besitz der katholischen Mission brutal mit jeweils zehn Peitschenhieben (»ten lashes with a kanda, which was heated, so that the skin came of with each lash«) bestraft wurden83. Fazit Die Untersuchung der Ereignisse, Handlungen und Debatten auf Tumleo um 1900 legt nahe, dass die Gewalthandlungen von deutschen Missionaren und Missionsschwestern gegenüber indigenen Kindern insbesondere durch zweierlei Phänomene motiviert und legitimiert wurden. Zum einen war dies eine etablierte Erziehungstradition in Europa und im Kaiserreich, welche in der christlichen Sündenlehre und einem Menschenbild wurzelte, welche das Kind primär als sündhaftes Wesen konstruierten und folglich den erziehe- rischen Nutzen seiner Züchtigung betonten. Die Vertreter und Vertreterin- nen dieser Erziehungstradition bezogen sich, wie in unserem Fall Präfekt Eberhard Limbrock, auf bestimmte Passagen in der Bibel, welche körperliche Züchtigung nicht nur legitimierten, sondern als Ausdruck und Handlung paternalistischer Liebe sogar forderten. In diesem Sinne war die hier unter- suchte Gewalt nicht notwendigerweise an einen Ausnahmezustand in sozia- len Beziehungen gekoppelt. Eher das Gegenteil war der Fall: Gewalt, definiert als körperliche Züchtigung, galt denjenigen, die sie anwendeten, als legitimes Mittel zur Erreichung bestimmter religiöser Erziehungsziele. Dies erschien einigen Missionaren und Missionsschwestern angesichts der religiös, kul- turell und sozial »anderen« Umgebung auf Tumleo beziehungsweise Kaiser Wilhelmsland in besonderem Maße erforderlich, da sie sowohl sich selbst als auch die indigene Bevölkerung vor Ort vor dem bewahren wollten, was sie als sündhaftes Verhalten verstanden. Legitimation erhielten sie dafür schließ- lich auch vom kolonialen Staat, der die Prügelstrafe in Neuguinea ebenfalls als eine Art Sonderinstrument zuließ, wenn es darum ging, Angestellte und Arbeiter zu disziplinieren84. 82 Vgl. Richard Scaglion, Reconstructing First Contact. Some Local Effects of Labor Recruitment in the Sepik, in: Lutkehaus (Hg.), Sepik Heritage, S.  50–57, hier S.  53. 83 Während der originale Bericht auf eine Insel namens Tamalio verweist, sagt Scaglion, dass es sich dabei »almost certainly« um Tumleo handelte. Zudem muss erwähnt werden, dass aus der Schilderung der Szene, welche Scaglion auf die frühen 1920er Jahre datiert, nicht unmittelbar hervorgeht, wer die Prügelstrafe ausgeführt hat; siehe ebd., S.  55. 84 Hiery verweist insbesondere auf die Anwendung von Gewalt, um ein bestimmtes deutsches Konzept von Arbeit durchzusetzen; vgl. Hiery, Das Deutsche Reich in der Südsee, S.  136.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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