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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 224 -
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224 Sean Farrell Mobilisierung konfessioneller Spaltungen Kaum war die erste Lokomotive in den Torf gestürzt, hatten die Zeitungs- redakteure schon ihre Federn gespitzt. Ein Lokalblatt druckte alsbald einen Sensationsbericht, demzufolge John Mitchell, einer der ums Leben gekom- menen Heizer, seinen Tod vorausgesehen und sich am Morgen auf dem Weg zur Arbeit von seiner Frau und den vier Kindern entsprechend verabschiedet habe. Vom Melodram ging der Bericht zur Hyperbel über und behauptete, »die Pulververschwörung war nichts dagegen. Dort stand viel auf dem Spiel, doch auf bloßen Mord  – herzlosen, kaltblütigen, teuflischen Mord  – konn- ten nur die Ribbonmen von 1854 gesonnen haben«15. Der Belfast News Let- ter, die Dublin Evening Mail und andere konservative Zeitungen replizierten dieses Schema, das bald durch die britische und irische Presse seine Kreise zog. Eine Woche nach dem Zwischenfall war in der Liverpool Mail von einer »Eisenbahn-Bartholomäusnacht« zu lesen; bei Trillick sei »ein schurkenhaf- ter Massenmord versucht« worden16. Weitere Vergleiche umfassten die Mas- saker an unbewaffneten Protestanten in Portadown (1641) und Scullabogue (1798), beide auf der irischen Insel. Eine besonders ambitionierte Deutung wollte in Derry und Enniskillen gar Parallelen zu den Schlachten bei Mara- thon und bei den Thermopylen erkennen. Es ging ums Ganze; den Westen galt es im Westen der Grafschaft Tyrone zu verteidigen17. Solche Deutungen trafen offensichtlich auch jenseits der religiösen Enge der nordirischen Poli- tik einen Nerv. Die Vorstellung, hinter dem Bahnfrevel von Trillick stünde eine breitan- gelegte katholische Verschwörung, ließ kaum einen Zweifel darüber, dass es sich um einen Anschlag der Ribbonmen handelte. Damit waren katholische Geheimbünde gemeint, die in den 1840er und 1850er Jahren vielfältiger Verbrechen konfessioneller Art sowie gegen die agrarischen Grundbesitzer bezichtigt wurden. Historiker haben zuletzt begonnen, das komplexe hybride Wesen des Ribbonismus näher zu untersuchen. Dabei ist deutlich geworden, wie diese Logen teils als anti-oranische Schutzbünde fungierten und teils als gewerkschaftsartige Organisationen, welche die ökonomischen Interes- sen katholischer Gemeinschaften in Mittel- und Nordirland vertraten18. Für solche Feinheiten hatten die meisten Zeitgenossen wenig übrig. Der Tyrone 15 Londonderry Standard, 23.  September 1854. 16 Liverpool Mail, 23.  September 1854. Innerhalb einer Woche hatten Zeitungen in mindestens 14 englischen und schottischen Städten die Meldung aufgegriffen und nachgedruckt. 17 Details Connected with the Trillick Tragedy of 15th September 1854, and Comments of the English and Irish Press Thereon, Derry 1854. 18 Vgl. Kyle Hughes / Donald MacRaild, Introduction, in: Dies. (Hg.), Crime, Vio- lence, and the Irish in the Nineteenth Century, Liverpool 2017, S.  9–13; Breandán
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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