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232 Sean Farrell
Protestanten fortzuschreiben«40. Dies war ein rhetorisches Bravourstück, das
auf Zuspruch sowohl der katholischen Iren als auch des britischen politi-
schen Establishments ausgerichtet war.
Der Widerhall ließ nicht lange auf sich warten. Der Weekly Telegraph, die
meistgelesene Zeitung Irlands, drückte seine Hoffnung aus, die Petition von
Omagh würde in ganz Europa gelesen und den Angriffen auf die Gesamtheit
der irischen Katholiken entgegenwirken. Die Katholiken Omaghs, unter-
strich die Zeitung, hätten auf eine Weise reagiert, die ihnen »die höchste
Ehre als Iren und als Katholiken« gemacht habe41. So sah es auch Dennis
Holland, der den Kontrast zwischen den mannhaften und zielführenden
Bemühungen des Pfarrers O’ Kane und dem antipapistischen Geheul der
Oranier hervorhob42. Er beklagte, dass den Katholiken Ulsters die Möglich-
keit verwehrt werde, ihre Empfindungen öffentlich kundzutun, und rief die
Gemeindevorstände in Städten wie Derry und Strabane dazu auf, dem ehren-
werten Beispiel der Katholiken von Omagh zu folgen. Der Appell ermöglichte
irischen Katholiken des gesamten politischen Spektrums sich als moderne,
verantwortungsbewusste Staatsbürger zu positionieren, im Gegensatz zu den
Oraniern, die Irland in der Vergangenheit halten wollten.
Wenn nun irische Katholiken sich beeilten, Ehre und Anstand ihrer Reli-
gionsgenossen zu verteidigen, so scheuten sich auch zahlreiche Publizisten
nicht, der unversöhnlichen Haltung des Oranierordens deutlich Schuld zuzu-
weisen. Sie bedienten sich gleichermaßen historischer Beispiele, die auf die
verantwortungslosen Anführer, die provokante öffentliche Gewaltausübung
und die nachteilige Wirkung auf die Rechtsprechung seitens der Oranier ver-
wiesen. Wo irische Konservative den Earl of Enniskillen als Held und Licht-
gestalt des orangenen Melodrams inszenierten, hielt der Belfast Mercury dem
Grafen und seinem Gefolge vor, in dieser Tragödie die Antreiber zu sein. Es
handele sich bei ihnen um Männer von Stand, die »in einem Zeitalter staat-
licher Mäßigung sich bemüßigt fühlten, eine öffentliche Angelegenheit ihren
parteilichen Zwecken unterzuordnen«, mit welcher verantwortungslosen Tat
sie »den Groll barbarischer Gegner« erregt und »protestantische Freiheit und
protestantische Prinzipien im orangenen Schlamm Derrys oder Enniskillens
befleckt« hätten43. Der Ulsterman druckte wiederholt Leitartikel, in denen
die parteiische Verantwortungslosigkeit der führenden Oranier gegeißelt
wurde. Der Graf sei wohl »von allen guten Geistern verlassen« und betreibe
Spaltung, genau wie auch einige engstirnige Zeitungen sich des Bahnfrevels
40 Ausschreibung und Subskriptionsliste finden sich in Chief Secretary’ s Office Regis-
tered Papers [im Folgenden CSORP], 1854 (National Archives of Ireland [im Folgen-
den NAI]); Belfast and Province of Ulster Directory, 1858, S. 667.
41 Weekly Telegraph, 7. Oktober 1854.
42 The Ulsterman, 25. Oktober 1854.
43 Belfast Daily Mercury, 20. und 21. September 1854.
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Titel
- Glaubenskämpfe
- Untertitel
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Herausgeber
- Eveline Bouwers
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Abmessungen
- 15.9 x 23.7 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918