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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 274 -
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274 Julie Kalman Graetz dazu geneigt haben, den Konsul als Antisemiten und als einzigen Antreiber von der Verfolgung und Folter der Damaszener Juden darzustel- len, lässt sich dieser Vorwurf nicht beweisen11. Wahrscheinlicher ist viel- mehr, dass Ratti-Menton, der inmitten eines sich zuspitzenden diplomati- schen Disputs nach Damaskus versetzt worden war, sich als würdiger Diener seines Staates beweisen wollte, indem er den Fall rasch aufklären würde, und dabei womöglich zu schwach war, um sich der Judenfeindschaft der ortsan- sässigen Christen in den Weg zu stellen. Schließlich hatte der Konsul fran- zösische Interessen zu vertreten, zu denen auch gehörte, dass Damaszener Christen Frankreich gewogen blieben12. Von der katholischen Presse Frank- reichs wurde er lautstark unterstützt. Inmitten einer Zeit, die für die hei- mischen Katholiken unruhig, ja umwälzend war, bot die Damaskus-Affäre ein Narrativ, mittels dessen sich die in Veränderung begriffenen Zeitläufte begreifen ließen. Frankreich und die katholische Presse Bei den Katholiken Frankreichs handelte es sich selbstverständlich um keine monolithische Gruppe. Ihre tatsächliche Vielfalt spiegelt sich in den Zeitun- gen, welche diesem Überblick der zeitgenössischen publizistischen Meinun- gen als Grundlage dienen: La Quotidienne, L’ Univers und L’ Ami de la Religion et du Roi. La Quotidienne wurde während der Revolution gegründet und ver- trat einen unverblümt legitimistischen Standpunkt. Es war die Überzeugung dieser Zeitung, dass nur ein König der bourbonischen Stammlinie legitimer Herrscher Frankreichs sein könne. Beim Ausbruch der Damaskus-Affäre war dies eine Minderheitsposition, die jedoch das 19.  Jahrhundert hindurch insbesondere von einigen Adeligen stramm beibehalten wurde. Seit 1840 lag das diplomatische Ressort in den Händen von Joseph-Arthur de Gobineau, der später als Theoretiker der Rassenungleichheit bekannt werden sollte. Der von L’ Univers vertretene Katholizismus war hingegen stark ultramontaner Ausprägung. Das Blatt vertrat die Autorität des Papstes als oberste Instanz in allen geistlichen und weltlichen Fragen. »[A]lles Licht kommt aus Rom«13 war die Auffassung der von Louis Veuillot redigierten Zeitung  – einem 11 Heinrich Graetz, The Year 1840 and the Blood Accusation at Damascus, in: History of the Jews, Bd. 5: From the Chmielnicki Persecution of the Jews on Poland (1648 C.E.) to the Period of Emancipation in Central Europe (c. 1870 C.E.), Philadelphia 1941, S.  632–666. 12 Vgl. Frankel, Damascus Affair, S.  55; Yaron Harel, Le consul de France et l’ affaire de Damas à la lumière de nouveaux documents, Revue d’ Histoire Diplomatique 113 (1999), H.  2, S.  143–170. 13 Claude Bellanger  u.a., Histoire générale de la presse française, Bd.  2, Paris 1969, S.  267.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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