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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 303 -
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303Gewalt, Religion und Gegenrevolution in Spanien Die Wallfahrt nach Paray hatte einen deutlichen monarchistisch-legiti- mistischen Einschlag, wie auch die um das stellvertretende Leiden kreisen- den Verehrungsformen insgesamt51. Die Sprache des Heiligsten Herzens war jene des Königtums  – wenn auch in den Schriften Alacoques mehr von Versklavung die Rede ist  – und die monarchischen Fundamente des Kultus waren bereits gefestigt52. Vom Vatikan gefördert, fand er in der ganzen Kir- che Verbreitung, und dies zu einer Zeit, da der »König-Papst« von allen Seiten bedrängt wurde. Wie schon die Aufständischen der Vendée trugen die carlis- tischen Milizen, als sie in die Schlacht zogen, das Herz Jesu auf handgenäh- ten Abzeichen, détentes genannt53. Solche performativen Akte etablierten das Herz als Kennzeichen und Talisman zugleich. Wie die Wallfahrten stellte es überdies eine Verehrungsform dar, an welcher sich die gewöhnlichen Gläubi- gen beteiligen konnten. Den Schlüssel bildete hier die Eucharistie  – die Feier des »rey sacramentado«  –, in der das ursprüngliche Opfer Christi dargestellt und erneuert wird. Themen der Vereinigung mit Christus im Sakrament, seines Empfangs würdig zu sein und Vergehen an den geweihten Hostien waren stets gegenwärtig. Das visionäre Erlebnis Alacoques gab den Anstoß zu einer Reihe von Frömmigkeitsformen, von denen manche, wie etwa die Heilige Stunde, sich auf die Eucharistie konzentrierten. Leicht wiederholbare Symbolhandlun- gen  – etwa Weihen, Heilige Stunden und der Herz-Jesu-Freitag  – verhalfen der Anbetung des Heiligsten Herzens dazu, eine Seinsweise zu werden, ein Habitus, der sich in Gelübden ausdrückte. Wie die Heilige selbst schrieb: ganz dem Heiligsten Herzen zu gehören  […] ist ein Mittel, unseres Heils gewiss zu werden, welches in diesem von Elend und Verderbnis gezeichneten Leben stets gefähr- det ist. Wenn wir uns aber diesem verehrungswürdigen Herzen ganz verschrieben und geweiht haben  […] wird unser Herr sich unserer annehmen54. Solche Gesten, die sich leicht als Abkürzung auf dem Weg gen Himmel ver- stehen lassen, wurden wiederholt und ritualisiert, indem der Kultus die Sün- den der Welt durch mimetische Frömmigkeit und gute Werke zu sühnen trachtete. Im Zeitalter der mechanischen Reproduzierbarkeit bot der Kultus Greatest Catholic Gathering of Modern Times, in: Current History 24 (1926), H.  5, S.  686–692. 51 Vgl. Burton, Holy Tears, S.  217f.; Boutry / Cinquin, Deux pèlerinages, S.  189, 206–211. 52 Vgl. Jonas, France and the Cult; Cano, Reinaré en España; Mary Vincent, Catholi- cism in the Second Spanish Republic, Oxford 1996, S.  82–108. 53 Vgl. María Antonia Herradón Figueroa, Reinaré en España. La devoción al Sagrado Corazón de Jesús, in: Revista de Dialectología y Tradiciones Populares 64 (2009), H.  2, S.  193–218, hier S.  206–211. 54 Letters of St. Margaret Mary, S.  43f.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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