Seite - 320 - in Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Bild der Seite - 320 -
Text der Seite - 320 -
320 Michael Snape
Horatio Bottomley, Verleger und Schriftleiter des wöchentlich erscheinenden
und überaus beliebten Skandalblatts John Bull, der zuvor seine eigene Form
eines Generalablasses für die im Krieg Gefallenen erteilt hatte36.
Katholiken in Khaki
Ungeachtet aller wackeren Bemühungen zur Verteidigung des Papstes lag der
überzeugendste Beweis von Loyalität und Engagement der Katholiken für
die britische Sache wie schon immer im katholischen Beitrag zum Militär,
insbesondere zum Heer. In Anbetracht seiner geistlichen und moralischen
Autorität spielte der Klerus zweifelsohne eine bedeutende Rolle dabei, die
Einsatzbereitschaft zu stärken, insbesondere vor Einführung der Wehr-
pflicht. Im Gegensatz zur irischen Hierarchie ließ die Haltung der hohen
Kirchenmänner in England und Schottland keinen Zweifel zu. Die Sache des
britischen Empire betrachteten die englischen, schottischen und walisischen
Bischöfe als von der Lehre des gerechten Krieges gestützt – ius ad bellum,
wozu es eines gerechten Grundes, legitimer Autorität und richtiger Absich-
ten bedurfte. Die Empörung über das deutsche Vorgehen im katholischen
Belgien tat ein übriges, wenngleich nicht alle die tiefe persönliche Bestür-
zung des Bischofs von Salford, Charles Casartelli, teilen konnten, der über
das Schicksal seiner Alma Mater, der Universität Löwen, klagte: »Es schmerzt
zu sehr, über diese Sache schreiben zu müssen; mir ist, als beschriebe ich den
Mord an meiner Mutter«37.
Es ist ebenso bezeichnend wie im Sinne der von den Heiligen Augusti-
nus und Thomas von Aquin entwickelten Tradition des gerechten Krieges
folgerichtig, dass von bischöflicher Seite vor allem die Gerechtigkeit der
Sache betont und auf aufbrausende antideutsche Rhetorik verzichtet wurde.
In einem am 9. August 1914 verlesenen Hirtenbrief beschrieb Kardinal
Bourne den Krieg zwar als »eines der größten materialen Übel, das der Welt
widerfahren kann«, erkannte aber zugleich (unter Verweis auf Mt 24,6) an,
dass »unser Herrgott uns gewarnt hat, dass wir auf dieses Übel gefasst sein
müssen«38. Am ersten Kriegssonntag predigte Bourne in der Kathedrale von
Westmister vor der Irischen Garde und versicherte den Männern, dass sie für
eine gerechte Sache kämpften und »dass die Herzen und Gebete ihrer Lands-
leute, insbesondere jener, die ihren Glauben teilten, mit ihnen sein würden«39.
36 Vgl. Adrian Gregory, The Last Great War. British Society and the First World War,
Cambridge 2008, S. 153.
37 The Harvest, Oktober 1914, S. 246.
38 The Tablet, 8. August 1914, S. 204.
39 Ebd., 15. August 1914, S. 246.
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Titel
- Glaubenskämpfe
- Untertitel
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Herausgeber
- Eveline Bouwers
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Abmessungen
- 15.9 x 23.7 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918