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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 331 -
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331Katholiken und Gewalt in Großbritannien katholischen Soldaten zogen den katholischen Geistlichen mit einer Dring- lichkeit in den Mahlstrom der Gewalt, wie sie sein protestantischer Wider- part kaum empfunden haben wird. In Anbetracht des scheinbar wahllosen Sterbens auf den Schlachtfeldern und der stets drängenden Notwendigkeit, Seelen vor der Verdammnis zu retten, war die Anziehungskraft der Front auf die katholischen Feldgeistlichen so auffällig, dass sich in der Geschichts- schreibung ein schon zu Kriegszeiten entstandener, in der Sache aber irriger, Diskurs der außerordentlichen Tapferkeit der katholischen Militärseelsorger erhalten hat84. Zu ihrem Ruf wird sicherlich beigetragen haben, dass der erste britische Feldgeistliche, der im Krieg umkam, von türkischen Geschossen zerfetzt wurde, als er im April 1915 irischen Soldaten bei Gallipoli zur Seite stand85. Verstärkt wurde dieses Bild durch die Arbeiten Fortunino Matanias, dem berühmtesten Illustrator jener Tage, dessen 1916 entstandenes Gemälde Die letzte Generalabsolution des Munster-Regiments in der Rue du Bois zur bildmächtigsten Darstellung britischer Kriegsfrömmigkeit wurde86. So fragwürdig er im Einzelnen auch gewesen sein mag  – denn selbstre- dend fehlte es unter Katholiken weder an schlechten Geistlichen noch an schlechten Laien  – unterfütterten der gute Ruf katholischer Militärseelsorger und der Respekt, den sie unter ihren Schäfchen genossen, eine Erzählung, die für die Wahrnehmung und Darstellung des Krieges auf katholischer Seite prägend sein sollte. In dieser Erzählung, die sich im Laufe des Krieges ent- wickelte und verstärkte, erwies sich hier der Sieg der Kirche über die him- melschreiende Gewalt des Krieges und die gottlose moderne Welt, die ihn hervorgebracht hatte. In dieser Hinsicht konnten sich die Annahmen von katholischer Seite auf die berühmten Worte Jesu an Petrus berufen: »Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen« (Mt 16,18). Diese Vorrangstellung Petri bildete nicht nur einen Eckstein katholischer Identität, Apologetik und Katechese, sondern ihre scheinbare Bestätigung im Krieg konnte beinahe allen Katholiken auf den britischen Inseln Genugtu- ung verschaffen  – ganz gleich, wie der Papst sich nun verhalten mochte, und ungeachtet tiefergehender politischer Differenzen87. 84 Michael Snape, Church of England Army Chaplains in the First World War. Good- bye to »Goodbye to All That«, in: Journal of Ecclesiastical History 62 (2011), H.  2, S.  318–345. 85 Vgl. James Hagerty, Priests in Uniform. Catholic Chaplains to the British Forces in the First World War, Leominster 2017, S.  175–179, 423. 86 Vgl. Lucinda Gosling, Goodbye, Old Man. Matania’ s Vision of the First World War, Stroud 2014, S.  83. 87 Gibson, Catechism, S.  I, 124–127.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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