Seite - 337 - in Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Bild der Seite - 337 -
Text der Seite - 337 -
Eveline G. Bouwers
Die Wandlungen im Verhältnis von Glaube und Gewalt
im 19. Jahrhundert
Lässt sich für das 19.
Jahrhundert eine transnationale Geschichte des Verhält-
nisses von Glaube und Gewalt schreiben? Eine eindeutige Antwort auf diese
Frage gibt es nicht. Auch wenn es in den Revolutionsjahren und der Periode
danach immer wieder zu Gewaltakten kam, die sich gegen religiöse Personen,
Objekte und Riten richteten oder mithilfe religiöser Verweise und Konzepte
semantisch vorbereitet sowie legitimiert wurden, greift der Begriff »religiöse
Gewalt« zu kurz, um das komplexe Verhältnis von Glaube und Gewalt zu
beschreiben. Entsprechend wird in diesem Fazit versucht, allgemeine Trends
zu diesem Geflecht zu benennen, zugleich aber vor monokausalen Erklärun-
gen zu warnen. Im ersten Schritt werden Ergebnisse der Einzelkapitel mit
transnationaler Relevanz vorgestellt. In Verbindung damit wird, zweitens,
die These einer angeblichen Abnahme gewaltbefrachteter interreligiöser,
intrakatholischer sowie katholisch-säkularer Begegnungen für die Periode
zwischen der Französischen Revolution und dem Ersten Weltkrieg hinter-
fragt. So spricht z.B. Claude Langlois von einem »Verschwinden religiöser
Gewalt« für die Zeit nach der Französischen Revolution
– eine Einschätzung,
die durch die Beiträge in diesem Band widerlegt wird1. Anschließend wer-
den die historischen Erkenntnisse mit den Theorien über »religiöse Gewalt«
konfrontiert, die in der Einleitung bereits vorgestellt wurden. Zum Schluss
wird auf mögliche Erklärungen eingegangen, warum aus den Konflikten im
religiösen Raum im 19. Jahrhundert – anders als noch in der Frühen Neu-
zeit – keine »Religionskriege« wurden.
Die Kapitel dieses Bandes unterstreichen die Bedeutung religionsbezoge-
ner Gewaltsemantiken für das gesamte Jahrhundert, heben jedoch auch die
Verdichtung von entsprechenden Gewaltakten in der zweiten Jahrhundert-
hälfte hervor. Das heißt natürlich nicht, dass Differenzen im Zusammenhang
mit dem religiös-weltanschaulichen Raum vor der Jahrhundertmitte niemals
zu Gewalt führten; die von Philip Dwyer untersuchten Gewaltereignisse
zur Zeit der Französischen Revolution, aber auch die – hier nicht behandel-
ten – antisemitischen Ausschreitungen während der 1820er Jahre (vgl. die
1 Vgl. Claude Langlois, La Fin des Guerres de Religion. La Disparition de la Vio-
lence Religieuse en France au 19e Siècle, in: French Historical Studies 21 (1998), H.
1,
S. 3–25. Für weitere Referenzen, siehe auch die Einleitung.
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Titel
- Glaubenskämpfe
- Untertitel
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Herausgeber
- Eveline Bouwers
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Abmessungen
- 15.9 x 23.7 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918