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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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5 Problemaufriss Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ wurden grundsätzlich freiwillige und einvernehmliche Handlungen. Zweitens zählte die Unzucht wider die Natur zu den wenigen Sittlichkeits- verbrechen, bei denen sowohl Männer als auch Frauen als Täter und Tä- terinnen in Betracht kamen.6 Die Aufklärung hatte zwar die Entstehung einer » ersten › Privatsphäre ‹ der bürgerlichen Gesellschaft « 7 ermöglicht und damit auch zu einer Liberalisierung des Sexualstrafrechts geführt, nicht pro-kreative und vor allem nicht-heterosexuelle Ausdrucksformen von Sexualität blieben von dieser Entwicklung jedoch weitestgehend aus- geschlossen.8 Das » Sexuelle « – und damit auch das » Unzüchtige « – ent- wickelte sich in der Folge zu einem Bereich, den viele Wissenschafts- disziplinen als ihr Erkenntnisobjekt beanspruchten. Im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert entstand im deutschsprachigen Raum mit der Sexualwissenschaft eine neue Disziplin, die sich ganz der Erforschung der » Sexualität « verschrieben hatte.9 Von Anfang an widmete sich die Sexualwissenschaft im Besonderen der Abgrenzung 6 Zur Kategorisierung historisch verpönter geschlechtlicher Handlungen siehe Hull Isabel, Sexualstrafrecht und geschlechtsspezifische Normen in den deutschen Staaten des 17. und 18. Jahrhunderts, in Gerhard Ute ( hg ), Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart ( 1997 ) 221 ( 223 ). 7 Hull Isabel, › Sexualität ‹ und bürgerliche Gesellschaft, in Frevert Ute ( hg ), Bürgerin- nen und Bürger. Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert ( 1988 ) 49 ( 55 ). 8 Vgl Hull Isabel in Frevert Ute ( hg ), Bürgerinnen 55, sowie Kerchner Brigitte, Rückzug als Verweigerung – Historische Perspektiven auf Sexualität und Staat, in Kerch- ner Brigitte / Wilde Gabriele ( hg ), Staat und Privatheit. Aktuelle Studien zu einem schwierigen Verhältnis ( 1997 ) 157 ( 166 ). So stellte das Josephinische Strafgesetz- buch den geschlechtlichen Verkehr mit einer Leiche, die Selbstbefriedigung sowie den Verkehr zwischen Mann und Frau » wider die Ordnung der Natur « straffrei, die gleichgeschlechtliche Unzucht dagegen nicht. 9 » Pioniere « der deutschsprachigen Sexualwissenschaft waren etwa Richard von Krafft-Ebing, Albert Eulenburg, Albert Moll, Magnus Hirschfeld und Sigmund Freud. Sowohl Hirschfeld als auch Freud wurden von der zeitgenössischen Psychiatrie abgelehnt, ein Bündnis zwischen dem Sexualwissenschafter Hirschfeld und dem Psychoanalytiker Freud zerbrach allerdings bereits 1911, vgl Sigusch Volkmar, Ge- schichte der Sexualwissenschaft ( 2008 ) 52 ff, 268 ff. Während des Untersuchungs- zeitraums dieser Arbeit fanden Freuds Thesen im juristischen Diskurs über die gleichgeschlechtliche Unzucht keinen Widerhall: Anders als Krafft-Ebing, der selbst als Gerichtsmediziner tätig war, oder Hirschfeld, der sich intensiv und öffent- lich für die Abschaffung des » Unzuchtparagraphen « einsetzte, richtete sich Freud in seinen Schriften nicht unmittelbar an Rechtswissenschaft oder Justiz. Freuds Auffassung, » daß das Ich nicht Herr sei in seinem eigenen Haus « [ Freud Sigmund, Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse, Imago – Zeitschrift für Anwendung der Psy- choanalyse auf die Geisteswissenschaften 1917, 1 ( 7, Hervorhebung im Original ) ] eignete sich schließlich auch nur schlecht zur Rezeption durch eine von der Prä- misse der Willensfreiheit ausgehende Rechtswissenschaft.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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