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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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28 I. Einleitung Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ nung » lesbisch « wird dagegen immerhin in einem Viertel der insgesamt zwölf untersuchten Fälle mit weiblichen Beschuldigten verwendet. Die Strafverfolgungsbehörden selbst gebrauchten für gewöhn- lich entsprechend der Terminologie des § 129 I b StG 1852 die Begriffe » gleichgeschlechtliche Unzucht « oder » widernatürliche Unzucht «, wo- bei letzteres im Strafgesetz als Oberbegriff für die » Unzucht mit Perso- nen desselben Geschlechtes « und die » Unzucht mit Tieren « diente. In den Strafakten wird der Begriff jedoch häufig ausschließlich für gleich- geschlechtliche Handlungen verwendet. Zwischen » Unzucht « und » Homosexualität « bestand dabei weder für die Gerichte noch für die Beschuldigten notwendigerweise ein Zusammenhang. » Unzucht « be- zeichnete seit den ersten deutschsprachigen Strafrechtskodifikationen jegliche von sexuellen Normen abweichende Handlung.94 Als widerna- türlich wurde die Unzucht angesehen, wenn sie in einer Geschlechtsbe- friedigung bestand, die nicht der Erzeugung von Nachkommen diente. Nach Lücke kennzeichnet die doppelte Verneinung im Begriff » widerna- türliche Unzucht « einen zweifachen Verstoß: einerseits gegen die Ord- nung der Natur, andererseits gegen die Ordnung der Geschlechter.95 Erst im 19. Jahrhundert beschränkte sich der Begriff » widernatürlich « zusehends auf gleichgeschlechtliche Akte beziehungsweise geschlecht- liche Handlungen von Menschen an Tieren.96 Eine gleichgeschlechtli- che Veranlagung konnte bestehen oder behauptet werden, ohne dass der Straftatbestand der Unzucht begangen worden oder beweisbar ge- wesen wäre. Umgekehrt konnte der Straftatbestand erfüllt worden sein, ohne dass sich die Täter oder Täterinnen als homosexuell beschrieben oder von den Behörden so bezeichnet worden wären.97 In der vorliegen- den Arbeit geht es folglich nicht schlicht um » Homosexualität « im heu- tigen Sinn: Die Bezeichnungen » homosexuell «, » Homosexuelle « und » Homosexualität « wurden weitestgehend vermieden und nur dort auf sie zurückgegriffen, wo sie sich tatsächlich mit historischen Selbst- und Fremdzuschreibungen decken. Darüber hinaus werden die jeweiligen 94 Vgl Hellbling Ernst Carl, Grundlegende Strafrechtsquellen der österreichischen Er- bländer vom Beginn der Neuzeit bis zur Theresiana. Ein Beitrag zur Geschichte des Strafrechts in Österreich ( 1996 ) 112 ff; eingehend auch Holzleithner Elisabeth, Grenzziehungen. Pornographie, Recht und Moral ( 2001 ) 26 ff. 95 Vgl Lücke Martin, Männlichkeit 120. 96 Vgl Gollner Günther, Homosexualität. Ideologiekritik und Entmythologisierung ei- ner Gesetzgebung ( 1974 ) 152 f, insb Fn 135. 97 Vgl Müller Albert / Fleck Christian, ÖZG 1998, 412.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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