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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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55 Das Strafgesetz 1852 Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ schlechtlicher Missbrauch, so der Oberste Gerichtshof, sei nur » eine der Ordnung der Natur zuwiderlaufende Benützung des Körpers einer Per- son anderen Geschlechtes zur Vornahme von Acten des Geschlechtstrie- bes « anzusehen: Der Beischlaf könne zwar unter bestimmten Vorausset- zungen mit Strafe bedroht sein, gegen die Ordnung der Natur verstoße er jedoch nie.209 Die Berührung der Geschlechtsteile der geschändeten Person stellte für den Gerichtshof kein Tatbestandserfordernis dar.210 Ziel der Handlung musste die Befriedigung der Lüste sein, wobei es zur Erfüllung des Tatbestandes nicht notwendig war, dass dieses Ziel auch erreicht wurde.211 Während unter § 128 StG 1852 auch Unzuchtsfälle fallen konnten, bei denen den Missbrauchten das Unzüchtige der Handlungs- weise gar nicht zum Bewusstsein komme, setze § 129 I b StG 1852 ein be- wusstes Mitwirken voraus.212 Der geschlechtliche Missbrauch hatte auf andere Art als durch unternommenen Beischlaf zu erfolgen, da sonst § 125 oder § 127 StG 1852 ( Notzucht ) vorlag. Diese beiden Bestimmun- gen erforderten jedoch einen männlichen Täter und ein weibliches Op- fer. Der von einer Frau mit einem Knaben unter 14 Jahren ausgeführte Beischlaf erfüllte daher weder die Voraussetzungen der Notzucht nach §§ 125, 127 StG noch jene der Schändung nach § 128 StG 1852, in Betracht kam nur eine Verurteilung wegen der Übertretung nach § 516 StG 1852 ( Gröbliches und öffentliches Ärgernis verursachende Verletzung der Sitt- lichkeit oder Schamhaftigkeit ).213 Sadistische Züchtigungen von Kindern unter 14 Jahren, die » dem erregten Geschlechtstriebe entsprungen oder zu dessen Erregung be- stimmt sind und die den sittlichen Anstand in geschlechtlicher Bezie- hung verletzen «, wertete der Gerichtshof in einer Entscheidung vom 13. Juni 1924 dagegen als tatbestandsmäßig iSd § 128 StG 1852.214 Dieser Berufungs- beziehungsweise Revisionsentscheidung des Obersten Ge- richtshofs lag der so genannte » Sadistenprozess « des Landesgerichtes 209 E vom 13. Oktober 1893, KH 1669; sowie Altmann Ludwig / Jacob Siegfried, Kommentar 336 mit Verweis auf zwei nicht veröffentlichte Entscheidungen des OGH. Unzüch- tige Betastungen, die eine Frau an einem unter vierzehn Jahre alten Knaben in der Absicht vornahm, mit ihm den Beischlaf zu vollziehen, erfüllten auch nicht den Tatbestand der Schändung gem § 128 StG 1852, vgl KH 877. 210 So bereits E vom 13. November 1885, KH 843. 211 Vgl E vom 12 März 1875, KH 50. 212 E vom 7. Februar 1930, 5 Os 1181 / 29, SSt X / 21. Dieses Erfordernis gab der Gerichts- hof jedoch später auf, vgl OGH v 28. 11. 1958, 8 Os 77 / 58, JBl 1959, 376. 213 Vgl E vom 13 Oktober 1893, KH 1669. 214 E vom 13. Juni 1924, Os IV 160 / 24, SSt IV / 63.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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