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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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65 Das Strafgesetz 1852 Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ mann-männliche Liebe die Bezeichnung » Uranismus «, die er aus Platons Symposion ableitete und später zu » Urning «, » Urningin «, » Urningtum « und » urnisch « weiterentwickelte.254 Das gleichgeschlechtliche Begehren begriff Ulrichs als eine natürliche Variante menschlicher Sexualität und verfolgte mit dieser Theorie der Angeborenheit das Ziel der Straffrei- heit gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte unter Männern. Ulrichs For- schungsparadigma erwies sich dabei in doppelter Hinsicht als essentia- listisch: Zum einen beruhten seine Forschungen auf Erfahrungen, die er selbst und seine Zeitgenossen als natürlich-essentiell empfanden, zum anderen stellte Ulrichs aufgrund dieser Erfahrungsberichte die These auf, dass es sich bei gleichgeschlechtlichem Sexualbegehren um eine mög- liche, natürlich-angeborene Facette menschlicher Sexualität handle: 255 » Es giebt eine eigene Classe geborener Urninge, eine eigene Classe von Individuen, denen neben männlichem Körperbau weiblicher Geschlechtstrieb angeboren ist, eine eigene Unterart von Männern, denen mannmännliche Liebe angeboren ist. « 256 Die sexuelle Konstitution eines Individuums werde durch zwei » Keime « bestimmt, die bereits im Embryo angelegt seien: Die sexuelle Attrak- tion durch den » Liebestrieb «, die Aktivität oder Passivität des Begehrens durch den » Begierdekeim «.257 Beide Keime fügte Ulrichs in die zeitgenös- sischen Geschlechter- und Sexualitätsvorstellungen ein: Der Liebestrieb beruhe grundsätzlich auf gegengeschlechtlicher Anziehung, wobei sich der männliche Liebestrieb auf Frauen, der weibliche Liebestrieb auf Männer richte. Männliche Begierde dachte Ulrichs den herrschenden Geschlechterbildern entsprechend als aktiv-penetrierend, weibliche als passiv-rezeptiv.258 Neben seinen beiden Schlussfolgerungen, dass das gleichgeschlechtliche Begehren Folge einer konstitutionellen Veran- lagung sei und die gesamte Persönlichkeit präge, erschien Ulrichs ge- schlechtliche Anziehung nur zwischen den Polen männlich und weib- 254 Vgl Numantius Numa, » Vindex. « Social-juristische Studien über mannmännliche Geschlechtsliebe ( 1864 ) 1 f. Dazu auch Plummer Kenneth, Speaking It’s Name: In- ventioning a lesbian and gay studies, in Plummer Kenneth ( ed ), Modern Homose- xualities. Fragments of lesbian and gay experience ( 1992 ) 3 ( 5 ). 255 Vgl Lücke Martin, Männlichkeit 60. 256 Numantius Numa, » Vindex. « 4. 257 Vgl Numantius Numa, » Memnon. « Die Geschlechtsnatur des mannliebenden Ur- nings. Eine naturwissenschaftliche Darstellung ( 1868 ) 3 ff. 258 Vgl Numantius Numa, » Memnon « 16 insb Fn 15. Siehe auch Lücke Martin, Männlich- keit 61.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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