Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Seite - 70 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 70 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Bild der Seite - 70 -

Bild der Seite - 70 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Text der Seite - 70 -

70 II. Vom Trieb zur Lust Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Frauen würden sich dagegen gegenseitig » durch Küsse, Umarmungen, mutuelle Masturbation, Cunilingus « 282, bisweilen auch durch » Imitatio coitus mittelst Priaps « 283 befriedigen. An dieser Unterscheidung setzte Krafft-Ebings Eintreten für die Straflosigkeit der sexuellen Betätigung zwischen Homosexuellen an. Krafft-Ebing bezweifelte, dass § 129 I b StG 1852 mehr erfasse als » patho- logische Päderastie «. Da die konträre Sexualempfindung und ihre Er- scheinungsformen dem historischen Gesetzgeber unbekannt gewesen seien, müssten Akte, die sich als mutuelle Onanie darstellten, straflos bleiben, sofern sie unter Erwachsenen stattfanden und nicht an die Öffentlichkeit traten.284 Dass aber eine Beschränkung der Strafbarkeit auf die Päderastie oder den Verkehr unter Männern vom wissenschaftli- chen Standpunkt aus unhaltbar sei, suchte Krafft-Ebing in seiner an die Rechtswissenschaft gerichteten Schrift » Der Conträrsexuale vor dem Strafrichter « darzulegen: » Der Zweck aller sexuellen Acte ist der einer Befriedigung se- xueller Bedürfnisse. Die Befriedigung erfolgt beim hetero- wie beim homosexuellen Act, beim Manne wie beim Weibe, durch Ejaculatio seminis oder durch einen analogen Vorgang ( beim Weibe ), der von mächtigem Orgasmus und lebhaftem Wollust- gefühl begleitet ist. Das strafbare Moment bei dem homosexuellen Act, wenn über- haupt gestraft werden muss, wäre die erreichte oder versuchte Befriedigung am Körper der gleichgeschlechtlichen Persönlich- keit. In dem Vorsatze, eine solche Befriedigung zu erreichen, läge der Dolus, juristisch gesprochen, nicht in der Art und den Mitteln, wie dieser Erfolg herbeizuführen versucht wird. « 285 Ähnlich argumentierte der deutsche Sexualwissenschafter Albert Moll. Auch für ihn war es nicht nachvollziehbar, weshalb das deutsche Straf- recht Päderastie unter Strafe stelle, gegenseitige Masturbation jedoch 282 Krafft-Ebing Richard von, Conträrsexuale 9. 283 Krafft-Ebing Richard von, Conträrsexuale 9. 284 Vgl Krafft-Ebing, Richard von, Lehrbuch der gerichtlichen Psychopathologie. Mit Berücksichtigung der Gesetzgebung von Österreich, Deutschland und Frankreich 2 ( 1881 ) 235 Fn 1. 285 Krafft-Ebing Richard von, Conträrsexuale 17. Zu Krafft-Ebings Eintreten für eine Ent- kriminalisierung der gleichgeschlechtlichen Unzucht vgl auch Beachy Robert, The German Invention of Homosexuality, The Journal of Modern History 2010, 801 ( 818 f ).
zurück zum  Buch Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Verkehrte Leidenschaft