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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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76 II. Vom Trieb zur Lust Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Handlungen trat dagegen weiterhin Friedmann ein. Nach der histori- schen Entwicklung seien hinsichtlich des § 129 I a StG 1852 nur Beischlaf, hinsichtlich des § 129 I b StG 1852 darüber hinaus nur beischlafähnliche Handlungen tatbestandsmäßig, nicht aber wechselseitige Onanie.307 e. » Befriedigung der Sinneslust « – Zur Auslegung des § 129 I b StG nach der Entscheidung KH 2747 Die Rechtsprechung blieb zunächst dabei, in jedem » der Sinnenlust die- nenden geschlechtlichen Missbrauch des Körpers « 308 einer Person des gleichen Geschlechtes den Tatbestand des § 129 I b StG 1852 zu erbli- cken. Für das Vorliegen des Vorsatzes genügte es, wenn eine » Befrie- digung der Lüste « angestrebt wurde.309 Im Februar 1906 vertrat der Ge- richtshof die Ansicht, als Unzucht sei » jeder der Erregung der Sinnlust [ sic ! ] dienende, die Grenzen der Sitte überschreitende Mißbrauch des Körpers einer anderen Person « 310 zu werten. Diese extensive Auslegung stieß in der Lehre allerdings auf Kritik: » Im Jahre 1902 sagt man, daß nicht › jede ‹ unzüchtige Handlung den Verbrechensbegriff bilde. Im Jahr 1906 wird irrevisibel [ sic ! ] erkannt, › jeder ‹ der Erregung der Sinnlust [ sic ! ] dienende, die Grenzen der Sitten überschreitende Mißbrauch des Körpers ei- ner anderen Person müsse als das Verbrechen bezeichnet werden, welches der § 129 I b St.G. zum Inhalt hat. Um den › dolus ‹ küm- mert man sich nicht. [ … ] Damit, daß eine Handlung der Sinnen- lust dient, ist sie noch lange nicht aus Sinnenlust unternommen und auf die Absicht sollte man doch Rücksicht nehmen. « 311 Wenige Jahre später schränkte der Gerichtshof die Auslegung des Be- griffs » Unzucht « schließlich wieder ein und legte stärkere Betonung auf das Vorsatzelement. Das Landesgericht Wien hatte im März 1908 den Angeklagten Eduard P. von der Anklage wegen Verbrechens der Unzucht wider die Natur freigesprochen. Der gegen den Freispruch erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde leistete der Oberste Gerichtshof keine Folge. Er 307 Vgl Friedmann Otto, Strafgesetz 1116. 308 E vom 15. 6. 1906, KH 3209. 309 Vgl E vom 15. 6. 1906, KH 3209. 310 E vom 12. Februar 1906, Z. 19.012, abgedruckt bei Sternberg Moritz, Gerichtshalle 1906, 295. 311 E vom 11. April 1902, Z. 13.517, abgedruckt bei Sternberg Moritz, Gerichtshalle 1906, 295.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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