Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Seite - 77 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 77 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Bild der Seite - 77 -

Bild der Seite - 77 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Text der Seite - 77 -

77 Das Strafgesetz 1852 Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ führte aus, dass » das Betasten des Gesäßes eines auf dem Bauche lie- genden Knaben « keinen Unzuchtsakt zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts darstelle, es » diente höchstens zur Erhöhung des Reizes bei dem vom Angeklagten gleichzeitig, aber ohne Benützung des frem- den Körpers verübten onanistischen Akte «. Zur Erfüllung des Tatbe- standes sei aber jedenfalls auch eine masturbatorische Absicht zu for- dern.312 Dieses Erfordernis bestätigte der Oberste Gerichtshof fast 25 Jahre später. Er hob das Urteil des Landesgerichts Wien I, mit dem die Angeklagte H.H. wegen Verbrechens der Unzucht nach § 129 I b StG 1852 verurteilt worden war, mit der Begründung auf, dass es das Erstgericht verabsäumt habe, die masturbatorische Absicht festzustellen. Dem Ur- teil sei lediglich zu entnehmen, dass H.H. » der auf einem Diwan lie- genden K.P. mit deren Zustimmung mit der Hand unter die Röcke griff und deren Geschlechtsteil – möglicherweise über der Hose – betastete, wobei beide Personen die geschilderte Unzuchtshandlung zur Befriedi- gung ihrer Lüste begangen haben. « 313 Dies reiche jedoch zur Erfüllung des Tatbestandes noch nicht aus. Die bloße Berührung des fremden Geschlechtsteiles ohne mastur- batorische Absicht genügte nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 129 I b StG 1852 selbst dann nicht, wenn » das Betasten nur zur Befriedigung der eigenen Sinneslust oder zur Erhöhung des Reizes des sich selbst Befriedigenden dient «.314 Werde eine derartige Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, so könne sie allerdings den Tatbestand der Schändung nach § 128 StG 1852 erfüllen.315 Das passive Dulden unzüchtiger Handlungen am eige- nen Körper begründe dagegen Mittäterschaft: Es sei nicht erforderlich, dass der Täter selbst Geschlechtsgenuss empfinde, sondern es genüge, » dass er den sinnlichen Lüsten einer anderen Person vorsätzlich dienst- bar war. « 316 Jugendlichen Personen, die eben erst die Pubertät erreicht hatten, sollte die Duldung widernatürlicher Unzuchtsakte jedoch nur dann zugerechnet werden, wenn sie die zur Erfassung der Tat als wider- natürlicher Unzucht erforderliche Einsicht erreicht hatten.317 312 E vom 13. 7. 1908, Kr I 113 / 8, KH 3458. 313 E vom 21. März 1927, Os 76 / 27, SSt VII / 28. 314 E vom 22. Oktober 1937, 4 Os 690 / 37, SSt XVII / 129. 315 Vgl E vom 27. November 1928, 4 Os 774 / 28, SSt VIII / 147; E vom 28.Oktober 1937, 4 Os 690 / 37, SSt XVII / 129. 316 E vom 28. Oktober 1911, Kr III 88 / 11, RspSt 286. 317 Vgl KH 3550.
zurück zum  Buch Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Verkehrte Leidenschaft