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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft 87 ¶ III. Das Recht zu sündigen – Dimensionen strafrechtlicher Subjektivität A. Einleitung Am 4. Juni 1924 zeigte Revierinspektor H. dem Bezirksgericht Rohrbach an, dass die 27-jährige Magd Anna H. mit der beim selben Bauern be- schäftigten 32-jährigen Magd Katharina L. unsittliche Handlungen be- gangen habe. H. vermerkte, dass ihm der Dienstgeber der beiden » als sie gelegentlich über die Magd Anna H. zu sprechen kamen, erzählt [ habe ], daß dieselbe ganz eigentümlich veranlagt sei und nicht einmal ihrer Nebenmagd, mit der sie gemeinsam in einem Bette schlafe, in der Nacht Ruhe lasse. « 343 Als dem Kriminalbeamten D. im Dezember 1929 ein Unzuchtsfall im allgemeinen Krankenhaus Linz gemeldet wurde, notierte er über eine der Beschuldigten – die 25-jährige Prostituierte Felicitas W. genannt » Rita « – sie » sei infolge ihres Berufes pervers ver- anlagt. « 344 In beiden Äußerungen schwang die Annahme mit, sexuelle Akte zwi- schen Frauen seien ungewöhnlich und erklärungsbedürftig. Obwohl die Pönalisierung gleichgeschlechtlicher Unzuchtshandlungen zwi- schen Frauen nicht unwesentlich zur Ausweitung der Tatbestandsaus- legung des § 129 I b StG 1852 beigetragen hatte, gerieten vergleichsweise wenige Frauen in den Blick der Strafverfolgungsbehörden. Auch die Se- xualwissenschaft schien ihnen gegenüber ein geringeres Interesse an den Tag zu legen als gegenüber männlichen » Konträrsexuellen «. Die Se- xualwissenschaft richtete ihr Augenmerk freilich nicht nur darauf, wel- che Handlungen als » sexuelle « Handlungen einzustufen waren. Das von ihr bereitgestellte » Wissen « über ein – möglicherweise auf Veranlagung zurückzuführendes – » konträres Sexualempfinden « eröffnete erstma- lig den Raum für Überlegungen, ob jene Beschuldigten, bei denen ein entsprechendes Empfinden festgestellt worden war, für ihre Handlun- gen im strafrechtlichen Sinne als verantwortlich gelten konnten. Diese 343 OÖLA, BG / LG Linz Sch 306, Vr VI E 1111 / 24, Anzeige vom 4. Juni 1924. 344 OÖLA, BG / LG Linz Sch 353, 12 Vr 1963 / 29, Bericht vom 23. Dezember 1929.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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