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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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88 III. Das Recht zu sündigen Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Frage stand zum einen in einem engen Zusammenhang mit der rechts- dogmatischen Entwicklung von Schuld- und Strafausschließungsgrün- den, zum anderen entwickelte sie sich rasch zu einem Machtkampf zwischen Rechtswissenschaft und Medizin um die diesbezügliche Deu- tungshoheit. Mit der Frage nach der strafrechtlichen Verantwortlich- keit eng verwoben ist jene nach der strafrechtlichen Subjektivität. Da- bei wies der Umstand, wer überhaupt als in der Lage erachtet wurde, strafrechtlich relevante sexuelle Handlungen zu setzen, auch eine ge- schlechtliche Dimension auf. B. Lasterhaftigkeit und Kriminalität – Zur sexuellen Autonomie von Frauen Während die meisten europäischen Länder im Verlauf des 19. Jahrhun- derts die Strafbarkeit gleichgeschlechtlicher Akte zwischen Personen weiblichen Geschlechts beseitigt hatten, kamen nach dem österreichi- schen Strafgesetz bei gleichgeschlechtlicher Unzucht sowohl Männer als auch Frauen als Tatsubjekte in Betracht. Strafrechtliche Subjektivi- tät bedeutete die Fähigkeit zur Schuld und damit die Verantwortlich- keit für eigenes Handeln.345 Subjekt einer strafbaren Handlung zu sein signalisiert folglich nicht nur Marginalisierung als ( möglicher ) Verbre- cher oder Verbrecherin, sondern lässt sich ebenso als Einschluss in die bürgerliche Gesellschaft verstehen: Zu jenen Gruppen, deren strafrecht- liche Subjektivität in Frage gestellt wurde, die für ihre Taten nicht oder nur in geringerem Maße als verantwortlich angesehen wurden, zählten neben Frauen regelmäßig Kinder und psychisch Kranke.346 Obgleich so- wohl der juristische als auch der sexualwissenschaftliche Diskurs der gleichgeschlechtlichen Unzucht zwischen Frauen im Verhältnis zu jener zwischen Männern nur eine untergeordnete Bedeutung beimaß, spielte sie für die Interpretation des Tatbestandes eine wesentliche Rolle. Be- deutsam war die Strafbarkeit sexueller Handlungen unter Frauen aber auch für die Frage, wer als Subjekt strafrechtlich relevanter Handlun- gen überhaupt in Betracht kam beziehungsweise wem sexuelle Subjek- tivität zugestanden wurde. Stellt Sexualität einen bestimmenden Fak- tor für die Anerkennung von ( weiblicher ) Subjektivität dar, so bedeutet 345 Zum folgenden vgl auch Greif Elisabeth, JoJZG 2014, 94 ff. 346 Vgl Engelstein Laura, Key 71 ff.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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