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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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103 Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ pathische « Konstitution, wenn sie in Verfahren wegen gleichgeschlecht- licher Unzucht Gutachten zu erstellen hatten.406 Der Oberste Gerichtshof folgte der Auffassung, dass die » Perver- sion des Geschlechtstriebes [ … ] nur als Folge eines psychopathischen Zustandes strafausschließend wirken « 407 könne. Als » krankhafte, den Verstand nur in gewissen Beziehungen abschwächende Veranlagung « reiche die konträre Sexualempfindung allein » zur Darstellung des Straf- ausschließungsgrundes nicht aus «.408 Dementsprechend erkannte der Gerichtshof in einer Entscheidung aus 1903 den vom Landesgericht Wien von der Anklage wegen Unzucht wider die Natur freigesproche- nen Johann Z. dieses Verbrechens für schuldig. Das erstinstanzliche Gericht hatte aufgrund des von den Gerichtspsychiatern abgegebenen Gutachtens angenommen, dass Johann Z. » mit konträrsexuellem Emp- finden oder Homosexualität behaftet und dass dieser Zustand ange- boren sei « 409. Johann Z. leide daher an einem Geistesgebrechen, das es ihm unmöglich mache, Widerwillen gegen den Verkehr mit Perso- nen desselben Geschlechtes zu empfinden. Für Johann Z. stelle sich diese Art der Befriedigung als natürliche dar, weshalb ihm auch das Verständnis dafür abgehe, dass es sich um eine widernatürliche Art des Geschlechtsverkehrs handle. Jene psychischen Hemmungen, die bei normal veranlagten Menschen einen gleichgeschlechtlichen Ver- kehr hintanhalten, würden beim Angeklagten fehlen, worin das Erst- gericht den Schuldausschließungsgrund des § 2 lit a StG 1852 verwirk- licht sah. Der Oberste Gerichtshof kritisierte an dem erstgerichtlichen Urteil, dass es nicht festgestellt habe, dass Johann Z. an einer Geistes- 406 Vgl dazu auch Müller Christian, Verbrechensbekämpfung 53 ff. Besonders weitge- hende Forderungen vertrat diesbezüglich der Gerichtsmediziner Leo Halban ( frü- her Blumenstock ), der eine Untersuchung des Geisteszustandes des Beschuldigten » in jedem speciellen Falle « verlangte: » denn selbst wenn die mutuelle Onanie zwi- schen Personen gleichen Geschlechts straffrei sein sollte, erweckt dieses Symptom zumeist den Verdacht, dass wir es mit einem Kranken zu thun haben, selbst dann, wenn nicht der geschlechtliche Excess selbst, sondern eine andere rechtswidrige Handlung Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung geworden ist. «, Blumen- stock Leo, Conträre Sexualempfindung, in Eulenburg Albert ( hg ), Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde. Medicinisch-chirurgisches Handwörterbuch für prak- tische Ärzte III ( 1880 ) 470. 407 KH 2569; siehe auch KH 3474, 4525. 408 KH 2840. Der OGH bezeichnete anfangs sowohl § 2 lit a und b als auch lit g als Strafausschließungsgründe. Erst in einer Entscheidung vom 6. 9. 1926, Os 452 / 26, fasste er die lit a und b richtigerweise als Schuldausschließungsgründe. 409 KH 2840.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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