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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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120 III. Das Recht zu sündigen Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Lager monatlich verurteilt wurde, entnahm man der Leumundsnote ihrer Heimatgemeinde – » genießt einen schlechten Leumund u. ist der lesbischen Liebe ergeben « 482 – und zwei entsprechenden Vorstrafen. G. Zusammenfassung Während gleichgeschlechtliche Sexualität unter Frauen sowohl vom ju- ristischen als auch vom medizinischen Diskurs in weitaus geringerem Maße berücksichtigt wurde als mann-männliche Unzucht, erkannte das österreichische Strafrecht in § 129 I b StG 1852 weibliche sexuelle Autonomie prinzipiell an. Die strafrechtliche Subjektivität Konträrsexu- aler wurde auch durch die ab dem Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt gestellte Frage nach der Zurechnungsfähigkeit der Beschuldigten nicht grundsätzlich eingeschränkt. Der Sexualwissenschaft galt die konträre Sexualempfindung nicht als Geisteskrankheit im engeren Sinn, son- dern allenfalls als Symptom einer geistigen Erkrankung oder als Dege- nerationserscheinung. Die Rechtsprechung lehnte die Auffassung ab, dass durch konträres Sexualempfinden der Gebrauch der Vernunft in ei- nem § 2 lit a oder b StG 1852 verwirklichenden Ausmaß ausgeschlossen werde. Sowohl die Einsicht in das Strafbare der unzüchtigen Handlung als auch die Fähigkeit, dieser Einsicht gemäß zu handeln, galten als vor- handen. Während die ältere Lehre den unwiderstehlichen Zwang des § 2 lit g StG 1852 noch als Zurechnungsfähigkeitsproblem gewertet und ihm auch » Seelenstörungen « unterstellt hatte, verstand ihn die oberst- gerichtliche Rechtsprechung und die jüngere Lehre fast ausschließlich als Problem des Notstands, wodurch sich eine Subsumtion der kont- rären Sexualempfindung unter diesen Strafausschließungsgrund ver- bat. Die eingeschränkte Bedeutung, die dem Begriff » Zwang « im juristi- schen Diskurs beigelegt wurde, stieß auf Kritik in der Gerichtsmedizin und der Sexualwissenschaft. Bedeutungsunterschiede im Sprachge- brauch der jeweiligen Disziplinen sowie Kompetenzstreitigkeiten zwi- schen Juristen und Medizinern spielten auch hinsichtlich der Frage, ob bei Vorliegen konträrer Sexualempfindung von einer Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinn auszugehen sei, eine Rolle. Der Oberste Ge- richtshof verwies den Letztentscheid über das Vorliegen oder Nichtvor- 482 OÖLA, BG / LG Linz Sch 476, 6 Vr 716 / 36, Leumundsnote ( undatiert ).
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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