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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Seite - 137 -
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137 Die österreichische Reformdiskussion von 1852 bis zum Ersten Welkrieg Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Unterstützung fand dieser Antrag durch die mittlerweile in der Se- xualwissenschaft vertretene Auffassung, die widernatürliche Unzucht sei kein » Laster «, sondern Ausfluss einer » krankhaften Störung «.538 Trotzdem lehnte der Strafgesetzausschuss den Antrag mit nur einer Gegenstimme ab, indem er ungeachtet sexualwissenschaftlicher An- schauungen an der Einstufung als » Laster « festhielt. Die Beschrän- kung der Strafbarkeit auf jene Fälle, durch die öffentliches Ärgernis erregt worden war, sah der Ausschuss als gleichbedeutend mit einer Beschränkung der Strafbarkeit auf die » krassesten, zugleich aber sel- tensten Fälle «.539 Der Staat müsse jedoch mit allen Mitteln das Betreiben und insbesondere die Verbreitung dieser Art der geschlechtlichen Be- friedigung verhindern: » Das Beispiel sittlichen und physischen Nieder- ganges mancher Völker, bei denen gegen diese Laster nicht energisch aufgetreten worden ist, beweist, welch’ große gemeine Gefahr mit der Verbreitung derselben verbunden ist. « 540 Der k.k. oberste Sanitätsrat, der im Jahr 1870 als beratendes und be- gutachtendes Organ für die Sanitätsangelegenheiten der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder eingerichtet worden war,541 äußerte sich in einem Gutachten zum » Sodomieparagraphen « des Strafgesetz- entwurfs 1889.542 In Übereinstimmung mit zahlreichen auswärtigen me- dizinischen Instanzen empfahl der Sanitätsrat die Streichung des § 186 aus dem Entwurf 1889: Bereits zwanzig Jahre zuvor hatte die » Königli- che wissenschaftliche Deputation für das Medicinalwesen in Preussen « im einverständlichen gleichgeschlechtlichen Verkehr unter Erwachse- nen kein Verbrechen mehr erblickt und – allerdings erfolglos – die Be- seitigung der Strafbarkeit der gleichgeschlechtlichen Unzucht empfoh- len.543 In seiner Begründung nahm der Sanitätsrat einen vermittelnden 538 Vgl auch den Hinweis in 916 BlgStenProtAH 10. Session 45. 539 Vgl 916 BlgStenProtAH 10. Session 45. 540 916 BlgStenProtAH 10. Session 45. 541 Gesetz vom 30. April 1870, betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitäts- dienstes, RGBl 1870 / 68. Das Gesetz hat bis heute Gültigkeit, die Regelungen über den Obersten Sanitätsrat finden sich seit 2011 im Bundesgesetz über den Obersten Sanitätsrat ( OSR-Gesetz ), BGBl I 2011 / 70. 542 Die » Gutachtliche[ n ] Aeusserungen des k.k. obersten Sanitätsrathes zum Sodo- mieparagraph ( § 186 ) des österreichischen Strafgesetzentwurfes « finden sich wie- dergegeben in Krafft-Ebing Richard von, Conträrsexuale 37 ff. 543 Vgl das » Gutachten der wissenschaftlichen Deputation für das Medicinalwesen in Preussen vom 24. März 1869 «, als » Beilage I « wiedergegeben in Krafft-Ebing Richard von, Conträrsexuale 35 ff.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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