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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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156 IV. Wunsch nach einem neuen Strafrecht Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ für die Strafnorm erschienen ihm als » nichtssagende Phrasen «, die ei- nem » großen, wichtigen Gesetz « nicht würdig seien. Ohne die gleichge- schlechtliche Sexualität zu verteidigen, zweifelte er die Effektivität der Strafdrohung an: » Dispositionen zum Laster bestanden, wie man sich aus jeder Kulturgeschichte überzeugen kann, zu allen Zeiten und sind durchaus nicht für die Gegenwart charakteristisch. Daß sich aber die Kriminalisierung der widernatürlichen Unzucht als Schutzwehr gegen dieselbe bewährt hat, schlägt den Tatsachen geradezu ins Gesicht. Skandalaffären, welche sich [ … ] in den letzten Jahren abspielten, haben den eklatanten Beweis dafür erbracht, daß Strafbestimmungen dem Treiben der Urninge kei- nen Einhalt tun. « 633 Die gleichgeschlechtliche Unzucht sei ein Laster und als solches aufs schärfste zu verdammen. Doch gäbe es andere Laster – wie etwa die Trunksucht oder sexuelle Ausschweifungen – die für die Volksgesund- heit weitaus schädlicher seien und doch straffrei blieben. Darüber hin- aus erachtete es Kübl für inkonsequent, die Sodomie straffrei zu stellen, die gleichgeschlechtliche Unzucht aber nicht. Vom Standpunkt der Wis- senschaft aus sprächen in beiden Fällen die gleichen Gründe für Straf- losigkeit.634 Auch Stooss hielt die Strafbarkeit der gleichgeschlechtlichen Unzucht nicht für geeignet, ihr Vorkommen zu verhindern. Sie schüre vielmehr das Interesse der Öffentlichkeit an derlei Ereignissen. Gerade » die geheimnisvollen Andeutungen der Zeitungen « 635, die über Skandal- prozesse berichteten, erweckten die Neugierde: » Manche, die von dem Laster nichts wussten, werden durch die Zeitungen darauf aufmerksam gemacht « 636. Eine Gefahr für die Allgemeinheit entstehe durch Straflo- sigkeit hingegen nicht: » Das Laster würde sich kaum weiter ausbreiten, wenn es straflos bleibt, zumal wenn keine Nachrichten über die wider- 633 Kübl Fritz, Der spezielle Teil des neuen Strafgesetzentwurfes, JBl 1913, 97 ( 99 ). 634 Vgl Kübl Fritz, JBl 1913, 99. 635 Insbesondere die Österreichische Kriminal-Zeitung hatte im Gefolge der Harden- Eulenburg-Affäre eine ganze Artikelserie über homosexuelles Leben in Wien ge- bracht, die ein enormes Echo an Zuschriften hervorrief, vgl Spector Scott, Austrian History Yearbook 38 ( 2007 ) 15 sowie Spector Scott, The Wrath of the » Countess Mer- viola «: Tabloid Exposé and the Emergence of Homosexual Subjects in Vienna 1907, in Bischof Günter / Pelinka Anton / Herzog Dagmar ( ed ), Sexuality in Austria ( 2009 ) 31. 636 Stooss Carl, Lehrbuch 2 463.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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