Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Seite - 161 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 161 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Bild der Seite - 161 -

Bild der Seite - 161 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Text der Seite - 161 -

161 Die österreichische Reformdiskussion in der Zwischenkriegszeit Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ schen Juristen erstellte in 117 Sitzungen einen Vorentwurf, der 1909 ver- öffentlicht wurde. Dieser Vorentwurf wies keinen amtlichen Charakter auf. Er hielt nicht nur an der Strafbarkeit der widernatürlichen Unzucht fest, sondern erweiterte und verschärfte sie gegenüber dem geltenden Recht.659 So sah der Vorentwurf in § 250 auch die Strafbarkeit der Un- zucht zwischen Frauen vor, da sich » solche Fälle in der Neuzeit [ . ] meh- ren «.660 Im Interesse der Sittlichkeit und der allgemeinen Wohlfahrt sei daher die Strafbestimmung auf Frauen auszudehnen.661 Als Grundlage für die Ausarbeitung der Sittlichkeitsdelikte im Vor- entwurf 1909 hatte Mittermaiers Beitrag in der » Vergleichenden Darstel- lung des deutschen und ausländischen Strafrechts « 662 gedient, einem rechtsvergleichenden Werk zur Vorbereitung der Strafrechtsreform, dessen Herausgabe das Reichsjustizamt angeregt hatte. Darin monierte Mittermaier, dass es » prinzipienlos « sei, die Unzucht unter Männern zu strafen, jene unter Frauen aber nicht.663 Insofern den Autoren des Vor- entwurfes diese Äußerung als Begründung für eine auf Frauen auszu- dehnende Strafbarkeit der gleichgeschlechtlichen Unzucht diente, hat- ten sie Mittermaier allerdings falsch verstanden: Er kritisierte zwar den Ausschluss der Frauen von der Strafbarkeit als grundlos, trat aber ins- gesamt für die Straflosigkeit der Unzucht auch unter Männern ein. Als Wortführer für eine Strafbarkeit beider Geschlechter eignete sich Mit- termaier daher nicht und verwehrte sich auch entschieden gegen eine entsprechende Vereinnahmung.664 1911 veröffentlichten die Strafrechtsprofessoren Wilhelm Kahl, James Goldschmidt, Franz von Liszt und Karl von Lilienthal einen Gegenentwurf zum Vorentwurf 1909, in dem sie für die Straflosigkeit der einfachen Ho- mosexualität eintraten. Die Strafbarkeit sollte auf qualifizierte Fälle be- 659 Vgl Sommer Kai, Strafbarkeit 144 f. 660 Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch. Bearbeitet von der hierzu be- stellten Sachverständigen-Kommission. Veröffentlicht auf Anordnung des Reichs- Justizamts ( 1909 ) 691. 661 Zu den Hintergründen dieser Bestrebungen vgl Matysik Tracie, In the Name of the Law: The » Female Homosexual « and the Criminal Code in Fin de Siècle Germany, Journal of the History of Sexuality 2004, 26 ff. 662 Vgl Mittermaier Wolfgang, Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit. Entfüh- rung. Gewerbsmäßige Unzucht, in Birkmeyer Karl et al ( hg ), Vergleichende Dar- stellung des deutschen und ausländischen Strafrechts. Besonderer Teil. IV. Band ( 1906 ) 1 ff. 663 Vgl Mittermaier Wolfgang in Birkmeyer Karl et al ( hg ), Darstellung 153. 664 Vgl Mittermaier Wolfgang in Vorträge 239 Fn 16.
zurück zum  Buch Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Verkehrte Leidenschaft