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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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185 Die österreichische Reformdiskussion in der Zwischenkriegszeit Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ bei einem männlichen Individuum das weibliche Element über- wiegt oder umgekehrt bei einem weiblichen Individuum das männliche. Päderastie und Lesbismus [ sic ! ] beruhen auf der Er- scheinung, dass der bei einem normalen Menschen rudimentär gewordene andere Geschlechtscharakter bei dem homosexuel- len Individuum nicht die Proportionalität 1 : 100, sondern etwa 25 : 75 oder gar 50 : 50 u.s.w. aufweist. « 764 Dieser Blick auf das Innere der Geschlechtsorgane, der sexuelle » Ab- weichungen « unter anderem auf eine Fehlfunktion der Keimdrüsen zu- rückführte, entsprach ganz der modernen Sexualmedizin im Gefolge Krafft-Ebings.765 Ellenbogens Erläuterungen rückten ihn zugleich in die Nähe der Steinachschen Drüsenexperimente, die auch Hirschfeld als Be- stätigung für die Ätiologie der Homosexualität galten.766 Auch der Ge- gen-Entwurf des Kartells für Reform des Sexualstrafrechts führte sie als Beweis dafür an, » daß es sich bei der echten Homosexualität in allen Fällen um eine tiefinnerliche konstitutionelle Anlage handelt. « 767 Für Leuthner war es hingegen unbedeutend, ob die Homosexualität angebo- ren oder durch spätere Einflüsse bedingt sei. Sie stelle einen abnormen Zustand, einen abgelenkten Trieb dar, könne aber durch strafrechtliche Normen nicht beeinflusst werden.768 Einer der wenigen Punkte, über den im Sonderausschuss Einver- nehmen herrschte, war die Beseitigung der Strafbarkeit der gleich- geschlechtlichen Unzucht zwischen Frauen. Da die weibliche Ge- bärfähigkeit als weniger fragil eingestuft wurde, als die männliche Zeugungsfähigkeit, fehlte es nach Ansicht des Abgeordneten Wagner bereits an einem schützenswerten Rechtsgut: » Bei der männlichen Homosexualität wird sicherlich die Zeu- gungskraft so geschädigt, dass die Betreffenden, auch wenn sie Kinder zeugen wollten, kaum mehr die rechte Veranlagung dazu 764 StenProt 44. Sitzung des Sonderausschusses zur Beratung des Strafgesetzbuches am 31. Jänner 1930, Parlamentsarchiv Wien. 765 Vgl auch Kerchner Brigitte in Hardtwig Wolfgang ( hg ), Kulturgeschichte 241. 766 Vgl Hirschfeld Magnus, Sexualpathologie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Studierende. II ( 1918 ) 215. 767 Kartell für Reform des Sexualstrafrechts, Gegen-Entwurf 49 ( Hervorhebungen im Original ). 768 Vgl StenProt 44. Sitzung des Sonderausschusses zur Beratung des Strafgesetzbu- ches am 31. Jänner 1930, Parlamentsarchiv Wien.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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