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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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190 IV. Wunsch nach einem neuen Strafrecht Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Am 19. Jänner 1932 gab der ehemalige österreichische Justizminis- ter, der großdeutsche Hans Schürff, im Strafrechtsausschuss des Nati- onalrates einen Überblick über den Stand der seinerzeitigen Verhand- lungen im Deutschen Reichstag. Zu den noch offenen Fragen zählte er » Meineid und Aussage, Todesstrafe; leichte Fälle der Abtreibung; Leichte Fälle von Unzucht mit Tieren u. unter Männern; Ehebruch u. Todesstrafe. « 784 In derselben Sitzung lag dem Ausschuss eine Zuschrift der » Homosexuellen Verbindung Wien « betreffend § 129 I b StG 1852 vor. Die namentlich nicht genannten Mitglieder der Verbindung, die sich auf ihre Zugehörigkeit zum » bürgerlichen Stand « beriefen, forderten darin die » Befreiung männlicher Sexualgefangener aus den Krallen der Scheinsittlichkeitsraben «.785 Nicht » Umsturzgedanken « oder » Minister- postenerlangung « habe man im Sinn,786 sondern es müsse » das mittel- alterliche Gesetz, welches sich in heutiger Zeit theoretisch unter kei- nen Umständen rechtfertigen lassen kann, sinngemäß dem Deutschen Reich 787 und den übrigen Kulturstaaten der Welt angepaßt werde[ n ]. « 788 Im Frühjahr 1930 übersandte der Wiener Rechtsanwalt Otto Ekstein eine Petition an Schürff, die einen Appell zur Abschaffung des § 129 I b StG 1852 enthielt und von zahlreichen bekannten Persönlichkeiten un- terzeichnet war.789 Tatsächlich war das Projekt einer deutsch-österrei- 784 Protokoll des Strafgesetzausschusses vom 19. Jänner 1930, IV. Gesetzgebungsperi- ode, Parlamentsarchiv Wien. 785 Protokoll des Strafgesetzausschusses vom 19. Jänner 1930, Zuschrift der homose- xuellen Verbindung betr. § 129 b StG, Zl. 575 / 30, IV. Gesetzgebungsperiode, Parla- mentsarchiv Wien. 786 Dieser Hinweis sollte wohl jene beschwichtigen, die Homosexualität – auch dies ein Resultat der Harden-Eulenburg-Affäre – mit » hoher Staatspolitik und einer Art männerbündischer Verschwörung « in Verbindung brachten, vgl Bruns Claudia in Nieden Susanne zur ( hg ), Homosexualität 52 ( 53 ). 787 Was genau damit gemeint war, bleibt unklar. Vermutlich spielte die Homosexuel- len Verbindung auf die Streichung der Strafbarkeit der einfachen Unzucht in den deutschen Entwürfen durch den deutschen Strafgesetzausschuss an. 788 Protokoll des Strafgesetzausschusses vom 19. Jänner 1930, Zuschrift der homose- xuellen Verbindung betr. § 129 b StG, Zl. 575 / 30, IV. Gesetzgebungsperiode, Parla- mentsarchiv Wien. 789 Neben Sigmund Freud, Rosa Mayreder, Arthur Schnitzler, Franz Werfel und Stefan Zweig hatten die Petition etwa auch Josef Berze und Emil Raiman unterzeichnet, die sich bereits zuvor zur Strafbarkeit der gleichgeschlechtlichen Unzucht geäußert hatten. Ekstein stand in enger Verdingung zur 1926 gegründeten österreichischen » Liga für Menschenrechte «, vgl Treiblmayr Christoph, Die Österreichische Liga für Menschenrechte und ihre Stellungnahmen zur Homosexualität. Ein Werkstattbe- richt, Invertito – Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten 2014, 166 ( insb 173 ). Die Petition findet sich im Österreichischen Staatsarchiv, ÖStA, AVA, Justiz,
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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