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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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192 IV. Wunsch nach einem neuen Strafrecht Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Obwohl der Glasersche Entwurf für die nächsten zwanzig Jahre die Ver- suche einer österreichischen Strafrechtsreform prägte, kam es unter Justizminister Schönborn zu einer teilweisen Rückkehr zur österreichi- schen Rechtstradition: Die gleichgeschlechtliche Unzucht sollte wieder für beide Geschlechter strafbar sein. Dass in der Medizin und vor allem in der Sexualwissenschaft mittlerweile die Ansicht vertreten wurde, bei der konträren Sexualempfindung handle es sich nicht um ein Laster, sondern um eine krankhafte Erscheinung, und die davon Betroffenen seien eher dem Arzt als dem Richter vorzuführen, fand in den Straf- rechtsentwürfen keinen Widerhall. Ein Gutachten des k.k. obersten Sa- nitätsrats, in dem sich dieser für die Streichung der Strafbestimmung über die gleichgeschlechtliche Unzucht aussprach, blieb ebenso un- berücksichtigt wie die gleich lautende Empfehlung der wissenschaft- lichen Deputation für das Medicinalwesen in Preussen zwanzig Jahre zuvor. Um die Jahrhundertwende wurde der Entwurf Glaser sowie die auf ihm basierenden Strafgesetzentwürfe als veraltet aufgegeben. Die Strafrechtsreform galt vorerst als gescheitert. Der von Hoegel, Lammasch und Stooss verfasste Referentenentwurf 1902 sowie der daraus erstellte Vorentwurf 1909 trennten erstmals sys- tematisch die widernatürliche Unzucht zwischen Personen dessel- ben Geschlechts von der widernatürlichen Unzucht mit Tieren. Beim Grunddelikt der einfachen gleichgeschlechtlichen Unzucht wurde der Strafrahmen gesenkt. Daneben sahen die Entwürfe 1902 / 09 eine Reihe ausdifferenzierter, qualifizierter Begehungsformen vor. Entsprechend dem durch eine Reihe öffentlicher Skandale und der durch sie gepräg- ten Wahrnehmung der Homosexualität verschlechterten Klima für die Homosexuellenemanzipation an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhun- dert, zielten der Referentenentwurf und insbesondere der Vorentwurf verstärkt auf eine Verhinderung der Ausbreitung der gleichgeschlechtli- chen Unzucht ab. Diese suchten sie durch schärfere Jugendschutzbestim- mungen wie auch durch die Kriminalisierung der gleichgeschlechtlichen Prostitution zu erreichen, die nach den Entwürfen ein mit Kerkerstrafe bedrohtes Verbrechen darstellte. Die aus dem Vorentwurf 1909 resultie- rende Regierungsvorlage 1913 wurde nach Ende des Ersten Weltkrieges und dem Untergang der Habsburger Monarchie zugunsten des Versuchs einer Rechtsangleichung mit Deutschland aufgegeben. Der deutsche Entwurf 1919 zeigte ähnliche Tendenzen wie die öster- reichischen Entwürfe 1902 / 09. Entsprechend der deutschen Rechtstra- dition waren die Strafbestimmungen aber auf die Unzucht mit Männern
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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