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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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217 Das österreichische Strafverfahrensrecht in der Zwischenkriegszeit Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ beschränkt. Bei Delikten der mittleren und Schwerkriminalität waren die Schöffengerichte zuständig. Zum Schöffen- und Geschworenenamt konnten nunmehr Männer wie Frauen berufen werden. Das Gesetz über die Bildung der Geschwornen- und Schöffenlisten ( Geschworenenlis- tenG ) 893 erlaubte es Frauen jedoch in § 4 Z 6 GeschworenenlistenG 894 die Tätigkeit als Schöffin oder Geschworene abzulehnen.895 Berufsrichter und Schöffen sowie Schöffinnen waren im Rahmen der Kollegialgerichtsbarkeit bei den Gerichtshöfen erster Instanz in gleicher Zahl vertreten. Innerhalb der Schöffensenate fungierte einer der Berufsrichter als Vorsitzender ( § 13 Z 2 StPO 1873 ). Die Beschlussfas- sung erfolgte durch mündliche Abstimmung, die Schöffen und Schöf- finnen stimmten vor den Berufsrichtern ab. Für eine einfache Mehrheit bedurfte es drei der vier Stimmen, somit konnte weder durch die Schöf- fen und Schöffinnen noch durch die Berufsrichter allein eine Verurtei- lung erfolgen. Bei Stimmengleichheit gab die dem oder der Angeklag- ten günstigere Meinung den Ausschlag ( § 20 StPO 1873 ).896 Durch die Zuständigkeit für die mittleren und schweren Delikte war der tatsächliche Umfang der Schöffengerichtsbarkeit wesentlich größer als jener der Geschworenengerichte. Umgekehrt schränkte allerdings die Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens vor dem Einzelrichter den Um- fang des Schöffengerichts wesentlich ein.897 Im Landesgerichtssprengel gesetzes, des Preßgesetzes und des Einführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung abgeändert werden ( Strafgesetznovelle 1929 ), BGBl 1929 / 440. Zu den politischen Hintergründen dieser Entwicklung vgl Sadoghi Alice, Thesen 82 ff. 893 IdF der Strafprozeßnovelle vom Jahr 1920. 894 Eingeführt durch Gesetz vom 23. Jänner 1919 über die Änderung einiger Bestim- mungen des Gesetzes vom 23. Mai 1873, R.G.Bl. Nr. 121, betreffend die Bildung der Geschwornenlisten, StGBl 1919 / 37. 895 Gleispach hielt die unterschiedslose Befreiung der Frauen für verfehlt, es handle sich bei der Tätigkeit als Laienrichterin nicht um ein » Frauenrecht « sondern um eine soziale Pflicht, vgl Gleispach Wenzeslaus, Strafverfahren 2 94. Mittermaier schloss aus der Bestimmung des § 4 Z 6, dass Frauen » also wohl praktisch nie be- rufen « würden, vgl Mittermaier Wolfgang, Das österreichische Strafverfahren ( 1933 ) 9. Tatsächlich wurden in Verfahren wegen § 129 I b StG 1852 beim Landesgericht Linz in den Jahren 1928 bis 1937 auch Frauen zu Schöffinnen bestellt, siehe etwa OÖLA, BG / LG Linz Sch 335, 6 Vr 1309 / 28, Urteil vom 29. Jänner 1929; OÖLA, BG / LG Linz Sch 384, 6 Vr 220 / 32, Urteil vom 25. Februar 1932. Allerdings erfolgte die Be- stellung von Frauen zum Schöffenamt in einem weitaus geringeren Maß als bei Männern. In jenen Fällen, in denen Frauen als Schöffinnen tätig waren, bekleide- ten sie jeweils nur eine der beiden Laienrichterpositionen. 896 Vgl Lohsing Ernst, Strafprozeßrecht 3 84 f. 897 Siehe auch Gleispach Wenzeslaus, Strafverfahren 2 62.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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