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Zusammenfassung
Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶
siebzehnjährigen Margarethe H.939 und bei dem siebzehnjährigen Franz
H.940 Ob insbesondere im Fall von Margarethe H. das Urteil der in der
Regierungsvorlage zum Jugendgerichtsgesetz 1928 geäußerten Vorstel-
lung, » [ d ]em besonderen Verständnis der Frauen für das Seelenleben
der Mädchen [ trage ] die Vorschrift Rechnung, daß dem Schöffengericht
eine Frau angehören soll, wenn ein Mädchen angeklagt ist «,941 gerecht
wurde, lässt sich kaum beurteilen. Da Margarethe H. die einzige weib-
liche Beschuldigte war, über die im Untersuchungszeitraum vor einem
Jugendsenat verhandelt wurde, fehlt es an vergleichbaren Fällen. Die
verhängte Probezeit scheint im Vergleich hoch, allerdings näherte sich
Margarethe H. mit siebzehn Jahren bereits dem Erwachsenenalter und
wurde wegen zweier Verbrechen verurteilt, die sie zum Teil durch län-
gere Zeit hindurch begangen hatte.
Eine Ermahnung nach § 12 Abs 3 JGG 1928 wurde nur in einem ein-
zigen Fall vom Erstgericht ausgesprochen.942 Der dagegen vom Staats-
anwalt erhobenen Berufung leistete das Oberlandesgericht Wien als
Berufungsgericht allerdings Folge. Es änderte das Urteil des Landesge-
richtes Linz dahingehend ab, dass der Ausspruch über die Strafe gem
§ 13 JGG 1928 für eine Probezeit von drei Jahren aufgeschoben wurde.943
D. Zusammenfassung
Mit der Constitutio Criminalis Theresiana begann sowohl auf materi-
ell-rechtlichem Gebiet als auch im Bereich des Strafverfahrensrechts in
den österreichischen Erbländern eine einheitliche Gesetzgebung. Die
verfahrensrechtlichen Regelungen der Theresiana waren ganz dem In-
quisitionsprozess verpflichtet. Eine Trennung von Justiz und Verwal-
tung existierte nur auf oberster Ebene, erstmals wurde ein gemeinsa-
mes oberstes Gericht für alle österreichischen Länder geschaffen. Die
939 OÖLA, BG / LG Linz Sch 343, 13 Vr 810 / 29, Urteil vom 15. Juni 1929.
940 OÖLA, BG / LG Linz Sch 339, 13 Vr 450 / 29, Urteil vom 6. Juli 1929.
941 8 BlgStenProtNR III. GP 21.
942 OÖLA, BG / LG Linz Sch 415, 9 Vr 1653 / 33, Urteil vom 11. November 1933. Zur gerin-
geren Anzahl der Ermahnungen nach § 12 Abs 3 JGG 1928 im Verhältnis zum Auf-
schub des Ausspruchs über die Strafe nach § 13 JGG 1928 vgl auch Butschek Franz,
ZStW 1931, 984.
943 OÖLA, BG / LG Linz Sch 415, 9 Vr 1653 / 33, Oberlandesgericht Wien vom 13. Jän-
ner 1934.
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Verkehrte Leidenschaft
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
- Titel
- Verkehrte Leidenschaft
- Untertitel
- Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
- Autor
- Elisabeth Greif
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0205-5
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Recht und Politik