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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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262 VI. Veranlassungsgründe der Strafverfahren Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ xueller Handlungen; damit gegen Personen, denen man täglich auf engs- tem Raum begegnete, tatsächlich Anzeige erstattet wurde, mussten aber häufig neben die beobachteten Unzüchtigkeiten noch weitere Gründe treten. Im Winter 1926 wurde der Privatier Heinrich Sch. von seinem Af- termieter Franz H. angezeigt, mit dem stellenlosen Eisendreher Alfred P. » Unsittlichkeiten « getrieben zu haben. Die drei Männer hatten in einem einzigen Zimmer geschlafen. Franz H. war durch die Handlungen zwi- schen Sch. und P. und » durch ein starkes Pfauchen und Seufzen « geweckt worden. Zunächst verließ H. den Schlafraum, kehrte dann aber wieder und bedeutete Sch. und P. » [ v ]on mir aus könnts schon wieder weiter machen. « Als ihm die beiden daraufhin erbost Ohrfeigen versetzten, er- stattete Franz H. die Anzeige.1105 Die Hilfsarbeiterin Amalia St. zeigte am 9. August 1927 den Marktfahrer Georg G. wegen leichter Körperverletzung und » Verdachts des Verkehrs mit einem homosexuellen Mann « an. G. hatte sich in der Barackensiedlung in Wegscheid, wo sowohl er als auch Amalia St. und ihre Mutter lebten, wiederholt damit gebrüstet, » daß er einen › männlichen Verehrer ‹, den Sohn des Besitzers des Schlosses [ . ] habe « 1106. Die auffallend gute und elegante Kleidung des Georg G. erregte in den ärmlichen Baracken Verdacht und wohl auch Neid. Eine Nachba- rin warf Georg G. vor, » daß er mit homosexuellen Männern verkehre « 1107, worüber es zum Streit zwischen G. und mehreren Frauen kam. Auf ge- genseitige Beschimpfungen folgten Handgreiflichkeiten, bei denen G. die Mutter von Amalia St. am Fuß verletzte. Nicht nur persönliche Auseinandersetzungen, auch das zuneh- mende » Wissen « der Öffentlichkeit über sexuelle » Psychopathologien « begünstigte Anzeigen wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht. Um die Jahrhundertwende hatte der Diskurs über die konträre Sexualemp- findung aufgehört sich auf Fachkreise zu beschränken. Vertreter der Sexualwissenschaft publizierten nicht mehr ausschließlich in wissen- schaftlichen Organen, sondern auch in Zeitschriften für das breitere Publikum. Sittengeschichten und Handbücher richteten sich an inte- ressierte Laiinen und Laien. Medien wie etwa die » Illustrierte Oester- Stereotypvorstellungen im Alltagsleben. Beiträge zum Themenkreis Fremdbilder – Selbstbilder – Identität ( 1989 ) 90. 1105 Vgl OÖLA, BG / LG Linz Sch 303, Vr XI 1716 / 23, Anzeige vom 26. November 1923. Hein- rich Sch. stufte die Anzeige dagegen als Racheakt ein, weil er Franz H. die Woh- nung gekündigt hatte. 1106 OÖLA, BG / LG Linz Sch 366, 12 Vr 1523 / 30, Anzeige vom 9. August 1927. 1107 OÖLA, BG / LG Linz Sch 366, 12 Vr 1523 / 30, Anzeige vom 9. August 1927.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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