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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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271 Zusammenfassung Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Unzucht. Im autoritären politischen Klima des Austrofaschismus ge- rieten schließlich auch bis dahin mögliche und unverfängliche Kom- munikationsformen unter Verdacht. Personen, die eine weit reichende Korrespondenz unterhielten, wurde etwa nur allzu leicht eine verbo- tene politische Betätigung unterstellt. In einigen Fällen lagen dem aus- gedehnten Briefwechsel allerdings keine politischen Motive zugrunde, sondern die Sehnsucht nach Intimität und Austausch. Während im städtischen Raum die Hälfte aller Anzeigen auf Wahr- nehmungen der Sicherheitsbehörden zurückging, war die Gendarme- rie auf dem Land ganz wesentlich auf die Mitwirkung der Bevölkerung angewiesen, um gleichgeschlechtliche Unzucht zu » entdecken «. Die Motive, die Privatpersonen dazu bewogen, unzüchtige Handlungen an- zuzeigen, waren vielschichtig. Durch den Zuwachs an populärwissen- schaftlichem Wissen über sexuelle » Abweichungen « lernte eine breite Schicht, nicht nur unzüchtige Handlungen, sondern auch entspre- chend Veranlagte zu erkennen. Damit es tatsächlich zu einer Anzeige kam, musste jedoch – insbesondere wenn es sich um Anzeigen durch an der Tat unbeteiligte Personen handelte – häufig noch ein privater Kon- flikt hinzutreten oder das unzüchtige Verhalten als besonders verwerf- lich eingestuft werden, etwa weil es sich in der Öffentlichkeit abspielte oder gegen Kinder richtete. Naturgemäß hoch war die soziale Kont- rolle in Institutionen wie Schulen, Gefängnissen oder Krankenhäu- sern. Wurden unzüchtige Handlungen innerhalb dieser Einrichtungen bekannt, informierte man im Regelfall umgehend die Behörden. Die- ser Kontrolle unterlagen vor allem Frauen dann in besonderem Maße, wenn sie unverheiratet waren und somit der privaten Sozialkontrolle durch den Ehemann » entbehrten «. Durch die weite Auslegungspraxis des Obersten Gerichtshofs im Hinblick auf den Tatbestand der gleichgeschlechtlichen Unzucht fie- len ab der Jahrhundertwende auch Fälle sexueller Gewalt an Kindern unter § 129 I b StG 1852. Sie wurden häufig durch Familienangehörige zur Kenntnis der Behörden gebracht. Während Minderjährige, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, meist als schuld- los angesehen wurden, setzten Anzeigen gegen die » Verführer « Jugend- licher häufig auch Strafverfahren gegen die beteiligten Jugendlichen in Gang. Einer geringeren Gefahr verdächtigt zu werden setzten sich » Opfer « unerwünschter sexueller Annäherungen oder sexueller Über- griffe aus, wenn sie unmittelbar nach der Tat selbst Anzeige erstatte- ten. Wer unbekannten Personen Geld für sexuelle Handlungen bot,
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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