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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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277 Vorerhebungen und Voruntersuchung Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ § 91 StPO 1873 auf Antrag des Staatsanwaltes durch den Untersuchungs- richter zu prüfen. Während die Strafprozeßordnung 1873 für das Haupt- verfahren Öffentlichkeit und Mündlichkeit vorsah, blieb das Vorverfah- ren weitestgehend dem Prinzip der Geheimhaltung verhaftet und trug nach wie vor inquisitorische Züge.1179 Die Beschuldigten sollten zwar im Anklageprozess nicht länger als » Untersuchungsobjekte «, sondern als » Subjekte « angesehen werden, mit entsprechenden Parteirechten wur- den sie allerdings erst ab dem Zeitpunkt der Versetzung in den Anklage- stand ausgestattet. Im Vorverfahren blieben Verdächtige und Beschul- digte dagegen in ihren Beteiligungs- und Verteidigungsmöglichkeiten gegenüber dem Staatsanwalt deutlich eingeschränkt.1180 Die Leitung der Vorerhebungen oblag dem Staatsanwalt. Ohne seinen Antrag konnte der Untersuchungsrichter gem § 89 StPO 1873 lediglich un- aufschiebbare Handlungen vornehmen. Dahingegen waren die Bezirks- gerichte ermächtigt, ab dem Zeitpunkt, an dem sie dem Staatsanwalt eine strafbare Handlung angezeigt hatten, Vorerhebungen durchzufüh- ren, ohne entsprechende Anträge abwarten zu müssen. Die Sicherheits- behörden wiederum waren bei den Vorerhebungen gänzlich unselbstän- dig, ihr Tätigwerden war nur aufgrund eines staatsanwaltlichen Antrages vorgesehen. Der Strafprozeßordnung 1873 lag damit im Prinzip ein » Un- tersuchungsrichterkonzept « zugrunde, das allerdings durch ministeri- elle Vollzugsvorschriften und Vollzugsanweisung bereits im Jahr der Er- lassung des Gesetzes unterlaufen wurde: Sie wiesen die Staatsanwälte an, zu Vorerhebungen zunächst die Polizeibehörden heranzuziehen,1181 da 1179 Eine eindrucksvolle Schilderung findet sich bei Kittler Wolf, Heimlichkeit und Schrift- lichkeit: Das österreichische Strafprozessrecht in Franz Kafkas Roman Der Proceß, The Germanic Review 2003, 194 ( 195 ff ). Aus strafrechtlicher Sicht vgl Triffterer Otto, Soll die Voruntersuchung im österreichischen Strafverfahren beibehalten, refor- miert oder abgeschafft werden ? in GedS Rödig ( 1978 ) 349 ( 353 ). Die inquisitorischen Züge des Vorverfahrens wurden auch im zeitgenössischen Schrifttum kritisiert, siehe etwa Zucker Alois, Aprise und loial enquete. Ein Beitrag zur Feststellung der historischen Basis der modernen Voruntersuchung ( 1887 ) 1 ff; Amschl Alfred, Beiträge zur Anwendung des Strafverfahrens I 2 ( 1911 ) 27 f; Vargha Julius, Strafprozessrecht 2 239; Mittermaier Wolfgang, Die strafrechtliche Gesetzgebung Österreichs von 1929 bis 1931, ZStW 1932, 272 ( 283 ); Lohsing Ernst, Strafprozeßrecht 3 151 ( mit Einschränkungen ). 1180 Vgl Vargha Julius, Strafprozessrecht 2 35 f; umfassend Seiler Stefan, Die Stellung des Beschuldigten im Anklageprozess ( 1996 ) 24 ff, 140 ff. Triffterer spricht diesbezüglich vom » Grundsatz der weitgehenden Geheimhaltung des Ermittlungsverfahrens «, vgl Triffterer Otto in GedS Rödig 353. 1181 § 70 Verordnung des Justizministers vom 19. November 1873, Nr. 152 R.G.B., womit im Einvernehmen mit dem Minister des Innern eine Vollzugsvorschrift zur Straf- proceß-Ordnung vom 23. Mai 1873, Nr. 119 R.G.B., erlassen wird, RGBl 1873 / 152.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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