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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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344 VIII. Hauptverhandlung und Urteil Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ dungen.1563 Den Beginn der Hauptverhandlung markierte der » Aufruf der Sache « durch den Schriftführer.1564 Dabei handelte es sich um eine rein formelle Angelegenheit, » welche die Bereitschaft des versammelten Ge- richtes konstatiert, eine bestimmte Strafsache verhandeln zu wollen. « 1565 Die Angeklagten sollten ungefesselt erscheinen, da die Fesselung des » ohnedies des Gebrauches seiner Freiheit beraubten Angeklagten « 1566 ei- nen entwürdigenden Anblick darstellen würde. Außerdem sollte der An- schein vermieden werden, die Freiheit der Verteidigung der Angeklagten werde nicht gewahrt.1567 Befanden sich Angeklagte zum Zeitpunkt der Verhandlung in Untersuchungshaft, waren sie allerdings gem § 239 StPO 1873 von einer Wache zu begleiten. Die nächsten Handlungen waren rein formaler Natur. Sie umfassten die Befragung der Angeklagten durch den Vorsitzenden nach Namen, Alter, Geburtsort, Zuständigkeitsgemeinde, Religion, Stand, Beschäftigung und Wohnort sowie die Ermahnung der Angeklagten, der Anklage und dem Gang der Verhandlung aufmerksam zu folgen.1568 Nach allfälligen Vorstrafen sollten die Angeklagten nicht befragt werden, da diese gem § 252 StPO 1873 ohnehin verlesen werden mussten.1569 Zu den weiteren » prozeßrechtlich notwendigen, aber sehr irritierenden juristischen Eröffnungszügen « 1570 der Hauptverhandlung zählte die Beeidigung jener Schöffinnen und Schöffen, die in demselben Jahr noch nicht vereidigt worden waren. Darauf folgte der Aufruf der vor- 1563 Vargha kritisierte diese » schwierige[ . ] und schiefe[ . ] Stellung « des Vorsitzenden, die ihn in eine » inquisitorische Rolle « dränge. Ob die Grundsätze des modernen Strafprozesses dabei tatsächlich verwirklicht würden, hinge weitestgehend vom Vorgehen des Vorsitzenden ab, vgl Vargha Julius, Strafprozessrecht 2 302. Zu diesem » Ausdruck des Inquisitionsprinzips auch in der Hauptverhandlung « vgl auch Moos Reinhard in Jung Heike ( hg ), Strafprozeß 53 f. 1564 Mittermaier empfand die Hauptverhandlung – verglichen etwa mit deutschen Straf- verfahren – als » oft recht unfeierlich «, vgl Mittermaier Wolfgang, Strafverfahren 32. 1565 Mayer Salomon, Handbuch II 179. In welcher Form der Aufruf der Sache stattfinden sollte, schrieb die Strafprozeßordnung 1873 nicht vor. Der Aufruf der Sache dient auch dazu, die Kommunikation vor Gericht von der Alltagskommunikation abzuheben, indem er laufende Gespräche zwischen den im Verhandlungsraum anwesenden Per- sonen unterbricht und die Aufmerksamkeit auf die zu verhandelnde Strafsache lenkt, siehe dazu Morlok Martin / Kölbel Ralf, Zeitschrift für Rechtssoziologie 2000, 394 Fn 15. 1566 Mayer Salomon, Handbuch II 181. 1567 Vgl Würth Josef von, Strafprocessordnung 438. Glaser betrachtete diese Bestimmung als » äusserlichen Ausdruck « für die Stellung der Angeklagten als freier Prozesspar- tei, vgl Glaser Julius, Handbuch II 499. 1568 Eine » sacramentale Formel «, vermittelst derer die Angeklagten ermahnt werden sollten, war nicht vorgeschrieben, vgl Mayer Salomon, Handbuch II 185. 1569 Vgl auch Lohsing Ernst, Strafprozeßrecht 3 458. 1570 Naucke Wolfgang in Schönert Jörg ( hg ), Kriminalität 68.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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