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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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362 VIII. Hauptverhandlung und Urteil Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ strafen war kein Spezifikum der in Unzuchtsverfahren ausgesproche- nen Urteile, sondern stellte ein allgemeines Phänomen der österreichi- schen Rechtsprechung dar.1675 » Das Gesetz «, so Rittlers diesbezüglicher Befund, habe » infolge seiner unerträglich gewordenen Strenge aufge- hört, die Grundlage der Strafbemessung zu sein « 1676. Aus dieser Straf- praxis kann daher nicht geschlossen werden, dass unzüchtigem Verhal- ten nur ein geringer Unwert beigemessen wurde: Gleichgeschlechtliche Unzucht wurde in Österreich tatkräftig verfolgt. Sofern die Strafverfol- gungsbehörden einer Anzeige wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht nachgingen, kam es in der Regel zu einer Anklage und auch zu einer Verurteilung. Ab dem Jahr 1934 stieg die mittlere Dauer der im einzelrichterlichen Verfahren verhängten Freiheitsstrafen um etwa dreißig Tage, jener im schöffengerichtlichen Verfahren um etwa zwanzig Tage und im Verfah- ren vor dem Jugendgericht sogar um fast vierzig Tage an. Anstelle von Arrest- wurde wieder vermehrt auf Kerkerstrafen erkannt,1677 die Zahl der bedingten Verurteilungen nahm ab. Auch hierbei handelte es sich um eine gesamtösterreichische Tendenz.1678 Die Ursache lag nicht in personellen Veränderungen innerhalb der Rechtsprechung: Am Lan- 1675 Vgl Exner Franz, Studien über die Strafzumessungspraxis der deutschen Gerichte ( 1931 ) 41 ff. Eine weitreichende Anwendung des außerordentlichen Milderungs- rechts stellt auch Czech Philip, Kaiser 102, 218 fest. Zu den Wurzeln dieser Tradition im 18. Und 19. Jahrhundert vgl Hartl Friedrich, Kriminalgericht 414 sowie Löffler Ale- xander, Die Reform des österreichischen Strafgesetzes, Österreichische Zeitschrift für Strafrecht 1910, 140 ( 150 ). 1676 Rittler Theodor, Lehrbuch I 247 f. Siehe auch Löffler Alexander, Österreichische Zeit- schrift für Strafrecht 1910, 143 f. Flandrak stellte fest, dass – entgegen der Intention des Gesetzgebers – die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes zur Regel, seine Nichtanwendung zur – begründungsbedürftigen – Ausnahme gewor- den war, vgl Flandrak Fritz, Persönlichkeit und Strafzumessung, Gerichts-Zeitung 1931, 169 ( 172 ). 1677 Seit der Novelle vom 15. November 1867 ( Gesetz vom 15. November 1867, wodurch mehrere Bestimmungen des allgemeinen Strafgesetzes und anderer damit im Zu- sammenhange stehenden Anordnungen abgeändert werden, RGBl 1867 / 131 ) war der Unterschied zwischen den beiden Strafformen fast nur mehr ein nomineller. Mit der Verurteilung zu einer Kerkerstrafe war allerdings ein stärkeres » Unwertur- teil « verbunden. 1678 Vgl Bundesamt für Statistik ( hg ), Statistisches Handbuch für die Republik Öster- reich ( 1935 ) 203 f sowie Bundesamt für Statistik ( hg ), Statistisches Handbuch für den Bundesstaat Österreich ( 1937 ) 175 f und Österreichisches Statistisches Landesamt ( hg ), Statistisches Jahrbuch für Österreich 1938 ( 1938 ) 247 f. Im Hinblick auf die Ver- urteilungen nach § 129 I b StG 1852 ist ab 1936 ein leichter Anstieg zu verzeichnen, vgl Grau Günter, Homosexuellenverfolgung 226.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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