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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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390 IX. Rechtsmittel und Gnadengesuche Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ Verfahren erlaubte bis zu dessen Außerkrafttreten im Jahr 1926 eine Relativierung von Tatfragen. Nachdem das vereinfachte Verfahren 1934 erneut eingeführt worden war, galt allerdings auch hier das im schöf- fengerichtlichen Verfahren vorgesehene Rechtsmittelverfahren. Es be- schränkte die Kritik auf Formwidrigkeiten des Verfahrens, unrichtige Gesetzesanwendung und den Ausspruch über die Strafe. In den meisten Nichtigkeitsbeschwerden versuchten die Angeklag- ten, das höherinstanzliche Gericht durch eine Umdeutung des im Urteil als » wahr « festgestellten Sachverhalts davon zu überzeugen, dass die Feststellung, die ihnen zur Last gelegte Tat begründe ein Verbrechen, ein Gesetz verletze oder unrichtig anwende. Die von Angeklagten er- hobenen Berufungen gegen das Strafmaß monierten dagegen eine un- zureichende Berücksichtigung strafmildernder beziehungsweise eine zu weitreichende Berücksichtigung erschwerender Umstände durch das Erstgericht. Insgesamt wurde sowohl das Rechtsmittel der Nichtig- keitsbeschwerde als auch jenes der Berufung von den Angeklagten nur selten ergriffen. Mehrere Gründe waren dafür verantwortlich, dass die erstinstanzlichen Urteile kaum bekämpft wurden. Die formalen und inhaltlichen Anforderungen, die die einzelnen Rechtsmittel – allen vo- ran die Nichtigkeitsbeschwere – an mögliche Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen stellten, waren hoch. Dazu kam, dass bei der Nichtigkeitsbeschwerde das Risiko einer Geldstrafe drohte, falls der Oberste Gerichtshof zu der Ansicht gelangte, die Beschwerde sei mut- willig erhoben worden oder diene alleine der Verzögerung der Sache. Außerdem waren die Erfolgsaussichten von Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen gering, nur ganz vereinzelt gab das höherinstanzli- che Gericht den in Unzuchtsverfahren gegen Urteile des Landesgerich- tes Linz zu Gunsten der Angeklagten erhobenen Rechtsmitteln statt. Staatsanwälte griffen deutlich häufiger zum Rechtsmittel der Berufung als zu jenem der Nichtigkeitsbeschwerde. Vor allem in der Zeit der aus- trofaschistischen Diktatur monierten sie damit als zu » milde « empfun- dene Strafen. In etwas mehr als der Hälfte der Fälle erreichten sie eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils. Die volle Berufung, mit der die Parteien im vereinfachten Verfah- ren bis 1926 neben der Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen den Ausspruch über die Strafe und über die Schuld bekämpfen konnten, ermöglichte es, den im Urteil festgestellten Sachverhalt in Frage zu stellen. Von dieser Möglichkeit, an das höherinstanzliche Gericht eine über eine bloße Gegengeschichte hinausgehende Darstellung heranzu-
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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