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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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395 X. Schlussbetrachtung Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Auch dort, wo die Sexualwissenschaft ganz explizit zur Frage der Strafbarkeit der Unzucht wider die Natur Stellung nahm und sich für eine Aufhebung des » Unzuchtsparagraphen « einsetzte, konnte sie das gewünschte Ergebnis nicht erzielen. Dabei wurden sexualwissen- schaftliche Wissensbestände auf unterschiedliche Weise und mit un- terschiedlicher Autorität in den Debatten um eine Strafrechtsreform zur Sprache gebracht: Der k.k. oberste Sanitätsrat in Österreich und die » Königliche wissenschaftliche Deputation für das Medicinalwesen in Preussen « empfahlen in Gutachten die Streichung der widernatürli- chen Unzucht aus den Strafgesetzentwürfen, Krafft-Ebing und Hirschfeld meldeten sich mit ausdrücklichen Appellen zu Wort und schließlich richteten auch Betroffene vereinzelt Petitionen an das Parlament. Sie alle beriefen sich darauf, » daß es sich bei der echten Homosexualität [ … ] um eine tiefinnerliche konstitutionelle Anlage handelt « 1789, für die niemand gestraft werden dürfe. Innerhalb der Gesetzgebung setzten sich vor allem sozialdemokratische Abgeordnete für eine Abschaffung des Straftatbestandes ein. Dagegen lehnten Christlichsoziale wie Groß- deutsche die völlige Freigabe der gleichgeschlechtlichen Unzucht ab, da sie » den Charakter der Massen des Volkes « 1790 verderbe. Kein Einver- nehmen herrschte zwischen den beiden Parteien allerdings über die Frage, ob die gänzliche Beibehaltung oder aber eine Einschränkung der Strafbarkeit besser geeignet wäre, die » Ausbreitung « der Konträrsexua- lität, ihr öffentliches In-Erscheinung-Treten und die Zunahme » homo- sexueller Propaganda « einzudämmen. Die jahrzehntelangen Bemühun- gen um eine Reform des Strafrechts scheiterten letzten Endes alle an den politischen Verhältnissen. Was die widernatürliche Unzucht betraf, hatte man sich auch im letzten, in deutsch-österreichischer Zusammen- arbeit entstandenen Strafgesetzentwurf lediglich auf die Beschränkung der Strafbarkeit der mann-männlichen Unzucht auf qualifizierte Fälle und die Beseitigung der Strafbarkeit der Unzucht unter Frauen verstän- digen können. Obwohl der Entwurf nicht mehr beschlossen wurde, zeigt sich an ihm deutlich, wie stark die Wahrnehmung gleichgeschlechtlicher Un- zucht vergeschlechtlicht war und wie unterschiedlich sich dieses verge- 1789 Kartell für Reform des Sexualstrafrechts, Gegen-Entwurf 49 ( Hervorhebung im Ori- ginal ). 1790 StenProt 40. Sitzung des Sonderausschusses zur Beratung des Strafgesetzbuches am 16. Jänner 1930, Parlamentsarchiv Wien.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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