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längst nicht mehr da war, und fand sich mit den Kindern in einer anständigen
Weise zurecht, die ihm ein andrer Himmel beschert hatte als der, den er
inzwischen über seinem Kopf getragen hatte. Auch dieser Bauer ging nach
einer Weile des Behagens und Wohllebens auf die Wanderschaft mit dem
Kram und kehrte nicht mehr zurück. Das ereignete sich in der Gegend noch
ein drittes und viertes Mal, bevor man darauf kam, daß es ein Schwindler war,
der drüben mit den Männern zusammen gearbeitet und sie ausgefragt hatte. Er
wurde irgendwo von den Behörden festgenommen und eingesperrt, und keine
sah ihn mehr wieder. Das soll allen leid getan haben, denn jede hätte ihn gern
noch ein paar Tage gehabt und ihn mit ihrer Erinnerung verglichen, um sich
nicht auslachen lassen zu müssen; denn jede wollte wohl gleich etwas
gemerkt haben, das nicht ganz zum Gedächtnis stimmte, aber keine war
dessen so sicher gewesen, daß man es hätte darauf ankommen lassen können
und dem in seine Rechte wiederkehrenden Mann Schwierigkeiten machen
wollte.
So waren diese Weiber. Ihre Beine staken in braunen Wollkitteln mit
handbreiten roten, blauen oder orangenen Borten, und die Tücher, die sie am
Kopf und gekreuzt über der Brust trugen, waren billiger Kattundruck
moderner Fabrikmuster, aber durch irgend etwas in den Farben oder deren
Verteilung wiesen sie weit in die Jahrhunderte der Altvordern zurück. Das
war viel älter als Bauerntrachten sonst, weil es nur ein Blick war, verspätet,
durch all die Zeiten gewandert, trüb und schwach angelangt, aber man fühlte
ihn dennoch deutlich auf sich ruhn, wenn man sie ansah. Sie trugen Schuhe,
die wie Einbäume aus einem Stück Holz geschnitten waren, und an der Sohle
hatten sie wegen der schlechten Wege zwei messerartige Eisenstege, auf
denen sie in ihren blauen und braunen Strümpfen gingen wie die
Japanerinnen. Wenn sie warten mußten, setzten sie sich nicht auf den
Wegrand, sondern auf die flache Erde des Pfads und zogen die Knie hoch wie
die Neger. Und wenn sie, was zuweilen geschah, auf ihren Eseln die Berge
hinanritten, dann saßen sie nicht auf ihren Röcken, sondern wie Männer und
mit unempfindlichen Schenkeln auf den scharfen Holzkanten der Tragsättel,
hatten wieder die Beine unziemlich hochgezogen und ließen sich mit einer
leise schaukelnden Bewegung des ganzen Oberkörpers tragen.
Sie verfügten aber auch über eine verwirrend freie Freundlichkeit und
Liebenswürdigkeit. »Treten Sie bitte ein«, sagten sie aufrecht wie die
Herzoginnen, wenn man an ihre Bauerntür klopfte, oder wenn man eine Weile
mit ihnen stand und im Freien plauderte, konnte plötzlich eine mit der
höchsten Höflichkeit und Zurückhaltung fragen: »Darf ich Ihnen nicht den
Mantel halten?« Als Doktor Homo einmal einem reizenden vierzehnjährigen
Mädel sagte, »Komm ins Heu«, – nur so, weil ihm das Heu plötzlich so
natürlich erschien wie für Tiere das Futter, – da erschrak dieses
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Buch Grigia"
Grigia
- Titel
- Grigia
- Autor
- Robert Musil
- Datum
- 1924
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 21
- Kategorien
- Weiteres Belletristik