Seite - 23 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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© 2017, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
verschiedentlich auchals „Wiener SchulederMusikwissenschaft“26bezeichnet
wurde. Diese Methode wurde vor allem in den von Adler 1893 begründeten
DenkmälernderTonkunst inÖsterreich27erprobtunddienteauchalsLeitfaden
für sein in internationaler Kooperation entstandenesHandbuch derMusikge-
schichte.28
ZuseinenStudentenzähltendiespäteraufganzverschiedenenGebietensich
auszeichnendenMusikwissenschaftlerEgonWellesz(1885–1974;byzantinische
Musik, Barockoper), Ernst Kurth (1886–1946; Bach, Bruckner), Jeppesen (Re-
naissancemusik),WilhelmFischer(1886–1962;WienerKlassik)undRudolfvon
Ficker (1886–1954;Mittelalter). Auch spätereMusikschriftsteller und -journa-
listen befanden sich unter Adlers Studierenden, darunter Elsa Bienenfeld29
(1877–1942),diealsersteimJahr1903unterAdlerpromovierte30undzuseinem
70.GeburtstageineüberauslesenswerteWürdigungverfasste,worinsieineiner
AnspielungaufdieRolleGuidosvonArezzo (991/992–nach1033)bei derEnt-
wicklung derNotenschrift diesen als „Guido I. […] inventormusicae“, Adler
dagegen als „Guido II. inventor scientiaemusicae“ bezeichnete.31Über seine
Lehrerpersönlichkeiturteilte sie:
Adler ist seinen Schülern in desWortes wahrer und erschöpfender Bedeutung ein
väterlicherFreund.EinVorbildauchdurchseinenlauterenCharakterunddieReinheit
der Gesinnung. Wer immer sich demWirkungskreis seiner Persönlichkeit nähert,
empfindet die stille Hoheit einer durch Kunstbildung wunderbar veredelten Men-
schennatur.32
Eine Reihe von Adlers Studenten war später ausschließlich oder primär als
Komponisten tätig, darunter Anton von Webern (1883–1945), Karl Weigl
(1888–1949) undWilhelm Grosz (1894–1939), andere wie Wellesz und Paul
Amadeus Pisk (1893–1990) verbanden kompositorische und musikwissen-
schaftlicheTätigkeit.
Zu denBesonderheitenAdlers zählte seinNaheverhältnis zurMusikpraxis.
DasVerhältnisdesMusikwissenschaftlerszumMusikersaherallerdingsalsein
paternalistisches. Schon 1885 bemerkte er: „Von derWiege bis an das Grab
26 SieheFicker:GuidoAdlerunddieWienerSchulederMusikwissenschaft (Anm.23).
27 UnterAdlers Leitung erschienen1894–193883Bände indenWienerVerlagenArtaria (bis
1919)undUniversal-Edition (ab1920).
28 HandbuchderMusikgeschichte.Hg.vonGuidoAdler.Frankfurt/Main:FrankfurterVerlags-
Anstalt 1924; 2.Aufl. Berlin,Wilmersdorf:HeinrichKeller 1930.
29 Vgl.EvaTaudes:MusiktheaterkritikvonderJahrhundertwendebiszumEndederDreißiger-
Jahre am Beispiel Elsa Bienenfeld. Die erste Kulturkritikerin Wiens, die unter eigenem
Namenpublizierte.UniversitätWien,Dissertation2007.
30 Siehe dazu GerlindeHaas: Die jeweils ersten und „…Lektorat nur auf Kriegsdauer“. In:
Musikwissenschaft alsKulturwissenschaft (Anm.20), S. 89–99,hierS. 90–95.
31 ElsaBienenfeld:GuidoAdler. In:DieMusik18 (1925),H.2, S. 113–124,hierS. 124.
32 Ebd., S. 123.
ZurPersönlichkeitGuidoAdlers 23
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur