Seite - 79 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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© 2017, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
erworbenhat.ObAdler alle Bestände seiner Bibliothek gelesenhat – etwadie
ForschungsbeiträgevonHjalmarThurenundWilliamThalbitzerzurMusikder
„Eskimos“ (Hargrett Nr. 45=Means Nr. 384),WilhelmHeinitz’ Studie über
„Musikalisch-dynamischeTextauslese inFaeröischenundFaeröisch-dänischen
Reigentänzen“ (Hargrett Nr. 495, Means deest),48 oder Ernst Machs Untersu-
chungen über Helmholtz’ Musiktheorie (Hargrett Nr. 283=Means Nr.608),
mussoffenbleiben– falls erdieseWerkenicht irgendwozitiert oder exzerpiert
hat. Selbstverständlich umfasste seine Bibliothek auch zahlreicheWerke aus-
ländischer Forscher –Publikationen in englischer, italienischer, französischer,
spanischer, vereinzelt sogar in serbischer, ungarischer, polnischer oder däni-
scherSprache.
Versuchenwirein sehr vorläufiges, etwas spekulativesFazit. Fest steht, dass
Adlerdiese ihm fachlich so fremdenBĂĽcher besessenhat, unddass sichdarin
offenbar seine Selbstverpflichtung gegenĂĽber der jungen akademischenDiszi-
plinMusikwissenschaft, die er entscheidend zu definieren und zu begrĂĽnden
mitgeholfenhatte,widerspiegelt.DieseVerpflichtungbetrafdasFachalsGanzes,
dieWahrnehmungseiner„vergleichend-systematischen“Forschungenüberden
persönlichenHorizontalsMusikhistorikerhinaus.Daslässtsichnichtvonallen
Musikhistorikernsagen.ObundwaservondiesenBĂĽcherngelesenhatte,diese
Frage lieĂźe sich allenfalls mittels einer Autopsie des Bestands in Georgia be-
antworten–beispielsweise, fallsAdlersLesegewohnheitenAnstreichungenoder
andereMarginalienhervorbrachten.
Grundsätzlich lässt sichüberAdlersBibliothekabersagen:Er lebteoffenbar
in einer Zeit, in der es einemMusikwissenschaftler, zumindest einemUniver-
sitätsprofessor, noch durchaus möglich war, praktisch die gesamte relevante
wissenschaftliche Literatur seiner Zeit zu besitzen – inklusive der wichtigsten
wissenschaftlichenZeitschriftenundkostspieligerReihenwiederDDToderder
Expert-Ausgaben–undwiewirausdenBestandsaufnahmeninHargrettwissen,
auch einepraktischkomplette alteBach-Gesamtausgabe.49 (AusschlieĂźlichmit
HilfedereigenenPrivatbibliothekzu forschen,wardamalsĂĽblicheralsheute.)
Dass Robert Haas die Enteignung von Adlers Bibliothek laut dem Schreiben
Schenks vom13.Mai 1942damit rechtfertigte, dass derenBestände eigentlich
der InstitutsbibliothekgehörtenundvonAdlerwiderrechtlichentferntworden
seien,50 ist sicherlicheineLüge.51AberangesichtsderenzyklopädischenAnlage
48 Aus:Festkrift tillägnadHugoPippingp,hans sextio,rsdagden5november1924,Helsinki
1924,MercatorsTryckerlAktiebolag(vgl.HansHaase,Art.Heinitz,Wilhelm.In:DieMusik
inGeschichteundGegenwart.Hg.vonFriedrichBlume.Kassel:Bärenreiter1949–1989.Bd.6
[1957], Sp.53–56).
49 Vgl. vorallemHargrettNr. 467–475.
50 Briefvom13.Mai1942andenKuratorderWissenschaftlichenHochschuleninWien.Schenk
schreibt hier, dass dieManuskripte in dieÖNB, die „DruckschriftenundNoten“ insMu-
GuidoAdlersBibliothekalswissenschaftsgeschichtlichesDokument 79
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur