Seite - 114 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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© 2017, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
und rettetedengesamtenNachlaß indasMusikwiss. Institut. Ichwar selbst in
seiner Vertretung in der Villa Adler, die Bestände besichtigen. Bei derÜber-
führung in das Institut war ich infolgemeiner Einrückung zumMilitär nicht
zugegen […].“125
„Kümmern“umdenNachlassI:Sicherstellung–Beschlagnahme–
Vermögensverwaltung
Mit demTod Guido Adlers war es auch nicht mehr notwendig, die Ausreise
Melanie Adlers zu ihrenVerwandten nach Italienweiter zu betreiben. Bereits
im19. Jahrhundert war GuidoAdlers ältester Bruder Robert (1845–1895)mit
seiner Frau nachMailand ausgewandert. Guido Adlers verwitwete Schwester
ClementineEisenschitz(1843–1903)warihm1885nachgefolgt.ZudenKindern
und Enkeln bestand jedenfalls Kontakt.126 Schenks Bezug zu Italien bestand
hingegen darin, dass 1940 eine Arbeitsstelle desMusikwissenschaftlichen In-
stituts der UniversitätWien in Florenz zur Sichtung vonQuellenmaterial zur
deutschenMusik eingerichtet wurde. Als Leiter fungierte Schenks ehemaliger
Lehrer alsKapellmeister BernhardPaumgartner (1887–1971) nach seiner Ent-
hebungalsLeiterdesMozarteumsbis 1945.127
JedenfallsändertesichnundieStrategiezurErlangungderBibliothekradikal,
denn auf etwaige Interventionen musste keine Rücksicht mehr genommen
werden,undaufMelanieAdlersowiesonicht.Fickerführtedasfolgendermaßen
aus:
DennschonbeidemerwähntenDankbesuchelegteProf.SchenkdemüberraschtenFrl.
Dr.Adler angelegentlichnahe, dieBibliothek ihresVaters demSeminar gegenZubil-
ligung bestimmterVorteile zuüberlassen. AuchdasweitereVerhaltenProf. Schenks
beweist eindeutig, dass das treibendeMotivweniger die Fürsorge umden sterbens-
kranken, von ihm bisher völlig ignorierten Greis war, als vielmehr die in Aussicht
stehende Arisierung und Aufteilung von dessen wertvoller Bibliothek. Dieses Ziel
konntenachdemerwartetenAblebenAdlersamsicherstenundeinfachstendurcheine
ZustimmungserklärungderErbinerreichtwerden,währendderUmwegüberdieGe-
stapowenigererfolgversprechendundimHinblickaufdieUnsicherheitderpolitischen
Entwicklung auchweit gefährlicher erscheinenmusste. Als Frl. Dr. Adler diese Zu-
stimmungnicht gab, brauchte allerdingsProf. Schenkauchvordiesemzweiten, bru-
talen Weg nicht zurückscheuen. Denn er hatte in dem auf die geschilderte Weise
zustandegekommenenDankbriefFrl.Dr.Adlers einBeweisstück inHänden,welches
125 ÖStA,AdR,BMU,PASchenk,Fol. 95–96,SchreibenLeopoldNowakanOberkommissärDr.
Haertel, 18.10.1946.
126 Adler/Scott: Lost to theworld (Anm.2), S. 103.
127 Hilscher:Chronikdes Instituts fürMusikwissenschaft (Anm.36), S. 6.
MarkusStumpf114
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur