Seite - 115 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
geeignet war, ihm nach der Beseitigung der Bibliothekserbin für alle Zukunft ein
moralischesAlibi zusichern.
VondiesemBeweisstückhatProf. Schenknun inderTat erfolgreichenGebrauchge-
macht, obwohl er nach den inmeinenHänden befindlichenDokumenten nicht be-
haupten kann, auchnachderAblehnungder Bibliotheksüberlassung seitens Frl. Dr.
Adler dazu beigetragen zuhaben, deren „letzte Lebenstage zu verschönern.“Darum
hätteessichabergehandelt.DenndamalshätteerreichlichGelegenheitgehabt,seinen
Edelmut,denersichvonderErmordetenbescheinigenliess,durchdieTatzuerweisen
undsichdemKreisjenerPersonenanzuschliessen,welcheessichzurAufgabegemacht
hatten, Frl.Dr.Adler vordem ihrdrohendenSchicksal zu retten. Ichhabe stetsProf.
Schenkalsdenjenigenbezeichnet,derdieseBemühungenzunichtegemachthat.Diese
Überzeugunghat sich durchdenverächtlichenVersuch, sich jetzt auchnoch als Be-
schützerderErmordetenzudeklarierenunddieseselbstdesUndankeszubezichtigen,
nurnochverstärkt.
DieseHandlungsweisepasstallerdingszudemCharakterbildeinesMannes,der–wie
mir in letzterZeit viele Zeugenbestätigen– stetsmit Stolz dasParteiabzeichen trug,
ohne nach seiner Behauptung jemalsMitglied der NSDAP gewesen zu sein. Es gibt
nichts,was seineGesinnungsartbesserbezeichnenkönnte: zu ängstlich, umimHin-
blick auf dieUngewissheit der Entwicklung ehrlichundoffenderPartei beizutreten,
schmückt er sich widerrechtlich mit deren Emblem, um in den für seine Karriere
massgebendenPartei-undStaatsämternalszuverlässigerPg.zugelten.Genaudieselbe
Vorsicht bewog ihn, die Arisierung der Bibliothek erst zu starten, nachdem er die
schriftlicheBestätigungseinesedelmütigenVerhaltensgegendieAuszuplündernde in
Händenhatte.128
IneinemSchreibenanEgonWelleszführtFickerzudem„Dankbesuch“undden
GespächenbezüglichderBibliothekzwischenMelanieAdlerundErichSchenk
genaueraus:
Schonam11.Märzwar jedochMelybeimir inM.[München,Anm.]underzähltemir
vondemAngebotSch.s.,wobei sie erwähnte, es sei inAussicht gestellt, [sic]worden,
dass sienach Italien auswandernkönne, ferner, dassman ihr aucheinenicht fixierte
Summebietenkönne. Ich legte ihrdar, dassmindestens 90%derWerke imSeminar
bereits vorhanden seien, so dass sie damit rechnenmüsse, dass diese in alleWinde
zerstreut würden. Sie solle daher trachten, einenAbnehmer zu finden, bei demdie
Bibliothek in ihrerGesamtheit erhaltenbliebe, damit sie dann späterwieder zurück-
verlangtwerdenkönne.Vorallemsolle sienebeneinerbescheidenenRenteoderdgl.
aufAusstellungeinesSchutzbriefesbedacht sein.Dies sahMelyauchein. […]
Neuwarmir auchder Preis, denmanMely nachder famosen, imAuftrage Schenks
veranlassten Schätzung durch den PatentknabenNowak zu bietenwagte: volle 5000
RM, alsoweniger, als allein die beidenDenkmäler-Ausgaben längst vor demKriege
wertwaren,geschweigedenn1941!DieganzeübrigeBibliothekwärealsounberechnet
geblieben. […]
128 ÖStA,AdR,BMU,PASchenk,Fol. 77–78,SchreibenDr.Rudolfv.FickeranSektionschefDr.
Freih. v. Skribensky [sic!], Igls-Innsbruck2.7.[19]46.
RaubundRückgabederBibliothekunddesNachlassesGuidoAdlers 115
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur