Seite - 117 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
hatten und sich daraus manche Animositäten zwischen den Personen erga-
ben,132 lassen sich diese keineswegs beim Bibliotheksraub zwischen den Ak-
teuren festmachen, zu sehr standdas ErlangenderBestände imVordergrund.
Jedenfalls waren sie alle – auchRobert Lach133undAlfredOrel – nicht nur
Musikwissenschaftler, sondern auch Bibliothekare, was verdeutlicht, dass sie
tatsächlichsehrgenauwussten,wassie taten,als siesichumdieBibliothekund
den Nachlass „kümmerten“. Die Rechtsanwälte, wie Richard Heiserer oder
später Johann (Hans)Wiala (?–1976), ergänzten diese Bemühungen komple-
mentär.ObwohlderRaubderBibliothekunddesschriftlichenNachlassesinder
Literatur gut dokumentiert und ausführlich dargestellt werden,machen neue
ArchivfundeeineAktualisierungnotwendig.
Der erste Schritt dürfte Erich Schenk zuzurechnen sein. Denn bereits am
4.April 1941 teilte dieGestapoWalter vonBoeckmann, demKurator derwis-
senschaftlichen Hochschulen, die staatspolizeiliche Sicherstellung der Biblio-
thek mit. Anzunehmen ist dabei, dass der Rektor der Universität via Erich
Schenk über den Gaudozentenbundführer aufgefordert wordenwar, entspre-
chende Schritte zu setzen.Denn auchbei demzuvorbeschriebenenVorgehen
seinesVorgängersRoberts LachgegenGuidoAdler, der zudemerstenBesuch
derGestapobeidenAdlersgeführthatte,warderRektor involviertgewesen.Als
zweiter wesentlicher Akteur, der vermutlich weder Rudolf von Ficker noch
MelanieAdler als solcher bekanntwar, trat derGeneraldirektor derNational-
bibliothekPaulHeigl hervor, derüberHaas auf denPlangerufenworden sein
dürfte.HeiglsBeteiligunggeht aus folgendemSchreibenhervor:
Über Ersuchen des Rektors Pg. Dr. Knoll und der Generaldirektion derNationalbi-
bliothekhabeichbiszumAbschlussderVerkaufsverhandlungendieausdemNachlass
desVerstorbenenstammendeBibliothek[…]zurGänzestaatspolizeilichsichergestellt.
132 Skrbensky fasste die Berufung Schenks folgendermaßen zusammen: „Zuerst wurde der
KandidaturdesProf.HaasvonSeitendesReichsministersfürWissenschaft,Erziehungund
Volksbildung sehr gestützt. Späterhinwurde jedochHaas fallen gelassen,wofür nachste-
henderVorfalldieUrsachewar.HaashattenämlichanlässlichderFragederBesetzungder
musikwissenschaftlichen Lehrkanzel einer Schweizer Universität auf deren Anfrage ein
GutachtenübereinenSchweizerGelehrtenabgegeben, aufGrunddessendieser zumPro-
fessor ernannt wurde. Darüber war das Reichsministerium fürWissenschaft, Erziehung
undVolksbildungsehrverstimmt,dennnachdessenMeinunghätteHaaszuerstbeidiesem
anfragenmüssen, obund inwelcher Former einGutachtenüberdenSchweizerWissen-
schaftler abgeben solle. Nach Ansicht des Reichsministeriums wäre es im Interesse des
Reichesgelegen,deutscheWissenschaftleran,AuslandsdeutscheUniversitäten‘zubringen.
DieswarderGrund,weswegenSchenk, denmanursprünglich für das zu schaffendeEx-
traordinariatvorgesehenhatte,anersterStellegerücktwar.“(ÖStA,AdR,BMU,PASchenk,
Fol. 191–194,Gz.32890/I-1/50).
133 Auch Robert Lachwar von 1911 bis 1920 bis zu seiner Berufung als außerordentlicher
Professoranderk.u.k.HofbibliothekalsBibliothekar tätiggewesen(ÖStA,AdR,BMU,PA
Lach).
RaubundRückgabederBibliothekunddesNachlassesGuidoAdlers 117
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur