Seite - 153 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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© 2017, V&R unipress GmbH, Göttingen
ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
Die internationale Untersuchung dürfte dazu geführt haben, dass am
27.September 1946 die Originalbriefe Melanie Adlers von französischen Be-
amtenvonFickerbeschlagnahmtwurden.Fickerzeigtesichsehrbesorgt,biser
ausWien„dieNachricht erhielt, dassdieDokumente indieHände jener Stelle
gekommenseien,welchedieUntersuchung führt“.273
Eingeschaltet in die internationalen Proteste gegen Schenk war auch der
ÖkonomFriedrichA. v.Hayek (1899–1992), der spätereNobelpreisträger, der
durchdieAngabenSkrbenskysunddenherangezogenenDankesbriefskeptisch
gegenüber den Anschuldigungenwar. Hayek standmit EgonWellesz in Ver-
bindung,derdie InformationenanFickerundvondiesemanHayekweiterlei-
tete.274ImNovember1946meldetesichHayekerneutbeiSkrbenskyundverwies
auf eineKampagne Jeppesens unddas dadurch entstehende negative interna-
tionale ImageÖsterreichs,welches seineBemühungen,wissenschaftlicheLite-
ratur fürÖsterreichzuerhalten, zuunterlaufendrohe:
Seit meinemWiener Besuch Anfang September haben sich in den verschiedenen
AngelegenheitendiewirdamalsbesprachengewisseEntwicklungenergeben,überdie
ich Ihnenkurzberichtenmöchte.
1.DieAffaire[sic]SchenkAdlermachthiernochimmerunangenehmesAufsehenund
droht alle unsere Bemühungen, Verständnis für die Schwierigkeiten der österreichi-
schen Wissenschaft zu schaffen und Hilfe für die Bücheraktion zu erhalten, zu
durchkreuzen.ProfessorWellesz schreibtmirdarüber (ichübersetze):
„Die Affaire [sic] Schenk ist nach einem Brief meines Freundes Knud Jeppesen in
KopenhageneinesderschmutzigstenDingediesichzugetragenhaben.DieTatsachen
sind:
(1) GuidoAdlers Bibliothek ist gegenwärtig imMusikhistorischen Institut der Uni-
versitätWien.
(2) Schenkeignete sich das private Exemplar von einigen 50–60Bändender „Denk-
mälerderTonkunstinÖsterreich“anausderBibliothekGuidoAdlers,desBegründers
der „Denkmäler“.
(3) Die Briefe Frl. Melanie Adler’s, die Professor Ficker in Kopien dem Hofrat
Skrbensky vorlegte, stammen alle (wie sich aus Daten und Inhalt ergibt) aus der
Zeit nachdemTode ihresVaters und sie beschuldigt Schenkdarin, siemit derGe-
stapobedroht zuhaben.
6.9.1946. Ficker wurde vonWelleszmit Brief vom12. September 1946 informiert und
schrieb zurück: „Ich glaube, Sie werden sich durch diesen Einschüchterungsversuch
kaumbeirren lassen“ (ÖNB,Musiksammlung, F13Wellesz 1240, SchreibenRudolf von
Ficker anEgonWellesz, 23.9.1946).
273 ÖNB,Musiksammlung,F13Wellesz1240,SchreibenRudolf v. FickeranEgonWellesz, 30.
10.1946. Das Schreiben ist bereits erwähnt in Adler/Scott: Lost to the world (Anm.2),
S. 134. Auch Sakabe führt denBrief, allerdingsmit dem falschenDatum31.10.1946, an.
Sakabe:DieBibliothekvonGuidoAdler (Anm.2), S. 12.
274 Vgl.Adler/Scott: Lost to theworld (Anm.2), S. 135–136.
RaubundRückgabederBibliothekunddesNachlassesGuidoAdlers 153
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur