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Schlangen. 107
Schlangen u. s. w, (Tafel 60.)
Die Schlange findet dann und wann omamentale Verwendung.
Sie umgiebt das Haupt der Medusa (vergl. Taf. 65), sie wird zum
antiken Armband ausgebildet und zum Gefäfshenkel der Renaissance,
sie umschlingt paarweise das Attribut des Merkur, den Heroldstab
oder Caduceus (vergl. Taf. 76) und einzeln den Stab des Äskulap.
Sie ist kreisförmig aufgerollt mit der Schwanzspitze im Rachen das
Symbol der Ewigkeit (auf Grabmonumenten); bei den Darstellungen
der Mythologie spielt sie ihre Rolle und den Allegorien des Neides
und der Zwietracht ist sie unvermeidliche Zuthat.
In der kirchlichen Kunst ist die Schlange das Sinnbild der Bos-
heit, des Bösen, der Verführang (Paradiesscene); sie erscheint unter
den' Füfsen der Jungfrau Maria mit einem Apfel im Munde. In der
Heraldik findet sie sich aufrecht oder der Quere nach wellig gebogen,
»gebäumt«, öfters ein Kind verschlingend. (Wappen von Mailand).
Tafel 60.
1. Naturabguss einer Kreuzotter (Vipera berus — Pehas bems) im
Laub der Gundelrebe (Glechoma hederacea); nebenan eine Eidechse
(Lacerta viridis — Lacerta agilis). Von J. Eberhard in Heilbronn.
2. Naturabguss einer Kreuzotter. Von J. Eberhard in Heilbronn.
3. Antikes Armband in Form einer Schlange, gefunden in Pompeji.
4. Schlange als Symbol der Ewigkeit, aus einer Allegorie von A. Seder.
(Gerlach, Allegorien und Embleme.)
C. Menschlicher Organismus.
Es ist wohl selbstverständlich, dass die menschliche Gestalt
der künstlerisch schaffenden Hand als bevorzugtes Nachbildungsobjekt
zu dienen berufen ist. Das Bestreben, hervorragende Thaten Einzelner',
sowie die epochemachenden Leistungen und Schicksale ganzer Stämme
und Völker der mitlebenden Generation im Bilde vorzufuhren imd
der Nachwelt zu übermitteln, ist ebenso allgemein menschlich, als der
Versuch nahe liegt, das Bild berühmter Leute möglichst treu und
charakteristisch wiederzugeben. Auch die übersinnlichen Kräfte, seine
Götter, stellt der Mensch in menschlicher Gestaltung dar. Der
»Herr der Sehöpfung« weifs den Wesen, die er über sich stellt, keine
idealere Gestalt zu geben, als die eigene, welche er für die form-
entwickeltstc hält.*) Die chrisüiche Auffassung kommt auf entgegen-
*) Aber die Sterblichen wähnen, die Götter entständen wie Menschen,
Hätten menschlich' Gefühl und Stimme und Körpergestaltung.
Ochsen und Löwen würden wohl auch, wenn Hände sie hätten
Und sie mit Meisel und Pinsel die Gottheit bilden sich könnten.
Ähnliches thun: dem Pferd wäre Gott ein Pferd und dem Ochsen
War' er ein Ochs; ein jeglicher würd' sich ähnlich ihn denken.
Xenophanes von Kolophon. 600 vor Chr.
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur