Seite - 142 - in Handbuch der Ornamentik - Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
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Vorbemerkung'.
Die zweite Abteilung des Handbuches behandelt das Ornament
als solches. Es werden in derselben die omamentalen Einzelformen
in bezug auf ihre Funktionen geordnet und nach den Wechsel-
beziehungen betrachtet, in welcher die Verzierungs-Form zu deren
Anwendung steht.
Wer sich in der Ornamentik nur einigermafsen umgesehen und
sich etwas dabei gedacht hat, dem muss es aufgefallen sein, dass an
bestimmten Gegenständen und an gewissen Stellen derselben die Aus-
schmückung auch stets wieder nach dem nämlichen Prinzip gebildet
erscheint, so verschieden auch an und für sich das Motiv gewählt
sein oder dem Charakter einer speziellen Stilepoche entsprechen
mag. Auch in der Ornamentik schickt sich eines nicht für alles; jedes
Objekt und sei es das kleinste Zierglied sucht seine eigene, sich ihm
anpassende Form und Verzierung und der stilgerechte ornamentierende
Künstler giebt ihm dieselben, vielfach allerdings unbewusst; dem einen
sagt das künstlerische Gefühl, was der andere sich theorethisch erwirbt.
Gleichviel, die Beziehungen sind vorhanden. Man kann eine
Sockelpartie nicht ohne weiteres umwenden und als Hauptgesims be-
nutzen; eine Säulenform kann in der monumentalen Architektur schön
und sogar zierlich sein, verkleinert am Mobiliar angebracht, dagegen
plump wirken; die 20 oder 24 Kanneluren derselben wird in der
Architektur niemand beanstanden, an der kleinem Holzsäule wird
jedem mit der Hälfte weitaus genügt sein u. s. w. u. s. w. Die
Leistungen derjenigen Perioden, die den inneren Zusammenhang
zwischen Form, Zweck und Material nicht gefunden oder vergessen
haben, sind auch darnach. Die sog. Empirezeit, welche auf hohem
Befehl die Ornamentik antikisiert und dabei allerdings Klassisches in
bezug auf stilistische Verkehrtheiten geleistet hat, möge als Beispiel
angeführt sein. Ein griechischer Tempel und ein Lehnsessel sind zwei
verschiedene Dinge; jedes hat seine Eigentümlichkeiten und will dem-
entsprechend gestaltet und geschmückt sein.
Es ist eine unlösliche Aufgabe, für jeden Fall ein Rezept geben
zu wollen; dieses Bestreben liegt dem vorliegenden Handbuch auch
völlig feme. Aber es macht den Versuch, einige grofse Gmppen aus
dem Gesamtgebiet zusammenzufassen, um an diesen die stilistische
Ordnung und Gesetzmäfsigkeit zu erläutern. Es vereinigt die säumenden
und einfassenden Formen in die Gvappe der Bänder, die abschliefsen-
den und krönenden Bildungen in die der freien Endigungen, die
tragenden Gliederangen in diejenige der Stützen; es sondert die Flach-
ornamentik in begrenzte Füllungen und in endlose Musterungen.
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur