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14i Der Mäander.
nicht eine selbständige Gruppe bilden zu müssen, haben dieselben
ihre Einreihung in die Gruppe der Bänder gefunden. Thatsächlich
erscheinen sie auch häufig als solche (Blatt- und Eierstab als Rand-
verzierung von Tellern, Medaillons u. s. w.).
Der Mäander. (Tafel (81-84.)
Der Mäander, nach französischem Sprachgebrauch auch vielfach
bei uns „ä la grecque" oder kurzweg „grecque" genannt, ist ein
spezifisch griechisches Ornament und in seinen Uranfängen offenbar
textil. Dafür spricht das rechtwinklige Abbiegen seines Linienzuges,
sein Anpassen an das Quadratnetz.
Seinen Namen soll der Mäander einem Flusse Kleinasiens —
Mäandros, jetzt Menderes — verdanken, der in Wiederkehren dahin
fiiefst. Wenngleich die Vorläufer des Mäanders sich schon im
assyrischen und ägyptischen Stil finden, so sind es doch vor allem
die griechischen Vasenmalereien und die Dekorationen der antiken
Architektur, die den Mäander in ungezählter Weise variieren; die
letztere verwendet denselben auch plastisch. Im römischen Stile
kommt er unter anderem in der Form des Mosaiks auf Böden und
sehr oft — dem Stilprinzip des Flächenomaments zuwider — in jener
parallelperspektivischen Darstellung vor, die ihn als plastisches Ornament
erscheinen läfst (Tafel 83. 8).
Das Mittelalter kennt den Mäander kaum (ein Beispiel giebt
Tafel 83. 9), dagegen sind im chinesischen und japanischen Stil
mäanderartige Formen geläufig (Tafel 84. 7).
Die Renaissance nimmt den Mäander im antiken Sinne wieder
auf, erfindet neue Kombinationen und durchzieht seinen Liniengang
dann und wann mit Pflanzenmotiven (Taf. 83, 10). Obgleich mehr
als populär, verfehlt der Mäander auch in unserer heutigen modernen
Zeit, am rechten Orte verwendet, seine Wirkung nicht.
Zur Konstruktion: Dieselbe ist die denkbar einfachste. Da filr gewöhn-
lich — es ist dies nicht immer so — die Breite der den Mäander bildenden
Streifen gleich ist dem Abstand zwischen zwei Streifen, so fertigt man ein
Quadratnetz nach Taf. I, Fig. I, zieht erst alle horizontalen Linien (wobei
die einzige Schwierigkeit im Abzählen der Län^enteile und in der Beachtung
der jedem Mäander eigenen rhythmischen Refelmäfsigkeit besteht) und ver-
bindet deren Enden hernach mit Senkrechten (Tafel 8l u. 82).
Mittellösungen lassen sich dadurch bilden, dass man an passender
Stelle inmitten einer senkrechten Quadratreihe eine Axe zieht und die eine
oder andere Seite symmetrisch umklappt (Tafel 84. 6 u. 10.).
Ecklösungen lassen sich ähnlich herstellen, wenn man geeigneten Orts
den Mäander diagonal zum Quadratnetz durchschneidet und umklappt (Taf.
84. 3, 4 u. 6). Eleganter sind immerhin die freier gebildeten Lösungen,
wie sie Tafel 84. i, 2 u. 5 zeigen.
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur