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Gefäfse. — Grandformen der Gefäfse. 329
Üppige Pflanzenranken, perspektivische Zahnschnitte, bemalte
Reliefteile machen sich geltend u. s. w.
Die genannten Stile folgen im allgemeinen der Zeit nach in
obiger Reihenfolge, gehen öfters ohne bestimmte Grenzen in einander
über und bilden Mischungen und Abarten. So kommen z. B. ge-
wisse Salbgefäfse (Lekythen) vor, die auf weifsem Untergrund poly-
chrome Bemalung zeigen etc.
Grundformen der Gefäfse. (Tafel i8i.)
Die Gefäfse sind in der Regel Zusammensetzungen verschiedener
Einzelformen und Teile. Die gewöhnlichen Grundbestandteile sind
der Fufs, der Gefäfsbauch, der Hals, zu denen dann in zweiter
Linie Henkel, Deckel, Ausgufs etc. hinzutreten. Der wesentlichste
Bestandteil ist der Gefäfsbauch. Er wird in den meisten Fällen die
Grundform des Gefäfses bedingen. Natürliche Vorbilder für die
Gefäfse sind die hohle Hand, das Ei, Fruchtschalen (Kürbisse, Nüsse),
Tierhörner, tierische Schläuche und ähnliches mehr, wie auch that-
sächlich diese Dinge der Gefäfsbildnerei zu allen Zeiten mehr oder
weniger direkt zur Nachahmung gedient haben und wie sie offenbar
von dem Menschen auf seiner niedrigsten Kulturstufe an Stelle künst-
licher Gefäfse benutzt wurden. Gewisse stereometrische Raumgebilde
werden stets wiederkehren, in erster Linie (schon der Herstellung auf
der Töpferscheibe wegen) die sog. Rotationskörperformen. Auf Tafel
i8i ist der Versuch gemacht, soweit es sich um die letzteren handelt,
eine systematische Zusammenstellung der gebräuchlichsten Grund-
formen zu geben unter Beisetzung der betreffenden Bezeichnungen.
Nehmen wir als Hauptgrundformen: Kugel, Cylinder und Hyper-
boloid an, so entstehen aus der Kugel durch beiderseitig gleich-
mäfsiges Abflachen oder Überhöhen das Sphäroid und Ellipsoid
und durch doppelseitige Beschneidung dieser Körper das stehende
und liegende Fafs. Durch ungleiches Abflachen und Überhöhen
bilden sich Gestaltungen, die wir als echinus- und kuchenförmig, als
ei- und kreiseiförmig bezeichnen oder als keil-, spindel- und tropfen-
förmig, wenn die Länge die Dicke bedeutend übertrifft Durch ein-
seitiges Anschneiden ergeben sich einerseits die schüsseiförmigen,
anderseits die kelchförmigen Gebilde. Wie sich aus dem Cylinder
die Kegel-, Schlauch- und Kanopusformen ableiten lassen, so führt
das Hyperboloid ebenfalls zu neuen Formen. Wenn die Gefäfshöhe
den Durchmesser um ein Vielfaches übertrifft, gelangen wir zu Stangen-
formen, im entgegengesetzten Fall zu Schalen und Tellern.
Die weitaus am meisten vorkommende Grundform ist die Eiform;
Cylinder- und Kegelformen eignen sich hauptsächlich für die Metall-
technik.
Dafs in der Anwendung die mathematische Linie nicht ängstlich ein-
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur