Seite - 384 - in Handbuch der Ornamentik - Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
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384 Angster, Spechter etc.
die vian von eynander bricht, ja sofauss gestifleten Krügeji, da stürsi
man die Pott, da schwang tnan den Gntruff, da trähet man den Angster,
da riss und schält man den Wein aus Potten, aus Pinien, aus Kelcheji,
Napffen, Conen: Kellen: Hoffhechern: Tassen: Trifikschalen: Pf äffen-
masen: Stauffen von hohen stauffen:Kitten:Kälten:Kanuten:Köpffen:
Knartgen: Schlauchen: Pipen: Nüssen: Fiolen: Lampeten: Kufen:
Nüsseln: Seydeln: Külkesseln, Mälterlin: Melkgelten, Spitsmasen,
Zolcken, Kannen, Schnaulzenmas, Schoppenkännlein, Stotzen: Da
klangen die Gläser, da fomckelten die Krausend Wir geben einige
wenige, zum Teil auch in Fischarts .Aufzählung genannte Formen.
Der Name Angster bezeichnet eine hohe enghalsige Trinkflasche
(von dem lateinischen „angustus" = enge). Der Hals, der sich über
kugeligem, zwiebeiförmigem Bauche erhebt, besteht oft aus 2, 3 und
mehr in einander gewundenen .Ausgufsröhren. die oft zur Seite gebogen
sind und am oberen Ende eine schalenartige Mündung aufnehmen
(Taf. 207. 8). Diese Trinkgläser gehören schon in die Kategorie
der Vexiergläser, aus denen der Wein „herausgeängstigt" werden mufs.
Für die Vexiergläser gilt hauptsächlich der Sempersche Ausspruch:
„jedoch scheint es, als ob Mode und Zecherlaune für das Wetttrinken
mit Hindernissen gerade zuweilen die unbequemsten, besonderen Trink-
stil bei ihrer Benutzung benötigenden Trinkgefäfse erfundct: hätten."
Der Kutrolf (Gutterer, Kutrof, vielleicht vom lateinischen gut-
turnium herrührend) scheint ein ähnliches Gefäfs mit geradem Hals
gewesen zu sein (Taf. 207. 6 und 9).
Der Spechter (mutmafslich von Spessart) ist ein hohes, enges,
cylindrisches Glas mit niedrigem Fufs und mit Knöpfen, Rauten etc.
verziert (Taf. 207. 4. 5).
Das Pafsglas gleicht dem Spechter, ist aber durch aufgelegte
oder aufgemalte Ringe in gleiche Raumteile geteilt, welche Skala bei
scherzhaftem Trunk als Mafsstab dienen mufste. Das Pafsglas trägt
öfters aufgemalte, figürliche Darstellungen und Inschriften (Taf. 207. 2. 3).
Die Form des Krautstrunkes ergibt sich aus dem Namen
(Taf. 207. i).
Als Tümmler und Handtummler (Tümler von taumeln) be-
zeichnet man fufslose Becher (Taf. 207. 14. 15), die sich aufgestellt
schwankend bewegen und zur Seite gelegt von selbst wieder aufrichten,
sowie Gefäfse nach Figur 13, die erst leer getrunken werden mufsten,
um aufgestellt werden zu können.
Schliefslich waren Vexiergefäfse, bei denen das Trinken durch
Aussaugen am Henkel-Ende (Taf. 207. 10) erfolgte, und Trinkgeschirre
in Form von Damen (Taf. 207. II —12) und phantastischen Tieren
an der Tagesordnung.
.Auf die Technik der Herstellung einzugehen, würde hier zu weit
führen und sei wiederholt auf „die altdeutschen Gläser" von C. Friedrich
aufmerksam gemacht.
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur