Seite - 416 - in Handbuch der Ornamentik - Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
Bild der Seite - 416 -
Text der Seite - 416 -
410 Der Dreifufs.
einem Kessel, einer Schale oder Platte abschliefst. Der antike Diei
fufs hat sowohl im Kultus als im profanen Leben eine ganz bedeu-
tende Rolle gespielt. Ursprünglich offenbar Gebrauchsgegenstand, zum
Kochen etc. dienend, ist derselbe von einfachen Formen; mit seiner Er-
hebung zum Kultusgerät, zum Opferpfannenträger, zum Weihgeschenk für
die Heiligtümer des Apollo und anderer Götter, sowie zum Siegespreis
der Wettkämpfe und Spiele nimmt der Dreifufs konventionelle Formen
an und wird in künstlerischer Weise ausgestattet. Als Material dient
Metall, vornehmlich Bronze, und für grofse, monumentale Prunkdreifüfse
der Marmor. Die griechischen, die römischen, die etruskischen Drei-
füfse, je für sich charakteristisch und voneinander verschieden in der
speziellen Ausstattung, gleichen sich insofern, als die drei stangenartigen,
glatten, ornamental gehaltenen oder figürlich verzierten Füfse nach
unten in Tierklauen endigen, unter sich durch Ringe (Taf. 222. 3)
oder Kreuzverstrebungen (Tafel 222. i u. 2) verbunden werden und
nach oben mit dem Becken direkt zusammenhängen (l u. 2) oder an
einen Ring anschliefsen, der bestimmt ist, ein loses Becken aufzu-
nehmen (Fig. 3). Nicht selten werden am Becken Griffe zur be-
quemeren Handhabung angebracht (Fig. i), das Gestänge läfst eine
Verschiebung zum Höher- und Tieferstellen zu (Fig. i u. 2) oder der
Dreifufs ist zum Auseinandernehmen eingerichtet. IDiese antiken Drei-
füfse, von denen drei einfachere Beispiele zur Abbildung gebracht sind,
gewähren wie kaum etwas anderes einen Einblick in die Metalltechnik
der Alten.
Das Mittelalter und die Renaissance haben uns ebenfalls zahl-
reiche Dreifufse überliefert. Dieselben dienen hauptsächlich dem
Haushalte als Waschbeckenträger etc. und sind meist in Schmiedeisen
hergestellt (Taf 222. 4. 5. 6). Nachdem die Neuzeit die Schmiedeisen-
technik wieder aufgenommen, finden sich ebenfalls hübsche moderne
Dreifufse als Lavoirständer, Visitenkartentische, Träger für Weinkühler
(Taf. 222. 7) u. a. m.
Tafel 222.
1. Antiker Dreifufs aus Bronze. Gefunden in Pompeji. Museum
in Neapel. Etwa 70 zm hoch.
2. Römischer Dreifufs aus Bronze. (Mönard et Sauvageot.)
3. Etruskischer Dreifufs aus Bronze. Museum in Berlin.
4. Mittelalterhcher Dreifufs aus Bronze. Schlofs Pierrefonds.
(Viollet-le-Duc.)
5 — 6. Schmiedeiserne Dreifufse. Italienische Renaissance. 17. Jahrh.
Circa 1,20 m hoch. (L'art pour tous.)
7. Moderner Dreifufs aus Schmiedeisen. Ständer für einen Wein-
kühler. Entworfen von Architekt Zaar, ausgeführt von Schlosser-
meister Puls in Berlin. (Gewerbehalle.)
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur