Seite - 452 - in Handbuch der Ornamentik - Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
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452 Fächer.
Fahnenfächer die verschiedensten Formen an und wird aus
den verschiedensten Materialien gebildet.
3. Der Radfächer. An dem Stiel oder Griff ist ein Rechteck
aus Papier, Seide oder einem anderen Material so befestigt,
dafs dasselbe sich zusammenfalten und in einen Kreis aus-
einander breiten lässt. (Fig. 12.)
4. Der Lamellenfächer. Einzelne Lamellen oder Zungen aus
steifem Material sind an dem einen Ende durch einen Stift
verbunden und lassen sich, zusammengehalten durch ein
durchgezogenes Band, übereinander schieben oder radial zu
einem Kreissektor ausbreiten, dessen Winkelgrofse zwischen
90 und 180" schwankt. (Fig. 13.)
5. Der Faltfächer. Derselbe unterscheidet sich von der vorigen
Art dadurch, dafs die einzelnen Zungen in ein „Faltblatt"
aus Papier, Seide etc. endigen, das sich beliebig zusammen-
falten oder ausbreiten läfst. (Fig. 14.)
Danach sind Wedel-, Fahnen- und Radfächer gestielt, Lamellen-
und Faltfächer ungestielt. Der Radfächer, als gestielter Faltfächer,
hält gewissermafsen die Mitte. Die Gröfse der Fächer ist je nach
Zweck und Mode sehr verschieden, richtet sich aber im allgemeinen
nach der zweckmäfsigen Handhabung; im grofsen Ganzen gilt die
Regel, je fester und steifer, resp. undurchlassender für die Luft das
Blatt ist, desto kleiner kann der Fächer sein. Ferner erfordert der
Zweck der Kühlung breite und kürzere Formen, der Zweck des
Fliegenwehrens langgestreckte und schmälere Verhältnisse.
In historischer und stilistischer Beziehung möge folgendes er-
wähnt sein: Der Wedelfächer ist der primitivste und älteste. Sein
natürliches Vorbild ist das gestielte Pflanzenblatt, wie denn auch heute
noch die Fächer der Naturvölker aus getrockneten Palmwedeln und
aus Flechtwerk in Form von Blättern gebildet werden (Fig. 4). Ebenso
gilt die Feder als ein natürliches Vorbild, daher ihre vielfache Ver-
wendung an Fächern aller Art. Der Fahnenfächer ist der unzweck-
mäfsigste, seine Gebiete sind das Mittelalter und die Frührenaissance,
sowie gewisse Länder des Orients (Indien, Türkei, Marokko, Tunis etc.).
Der Radfächer ist ebenfalls im Mittelalter gebräuchlich (langgestielt),
sowie in gewissen Gegenden Italiens, in Persien, in China und Japan
bis auf die heutige Zeit. Der Lamellenfächer und der Faltfächer sind
neueren Datums. Ihre Einführung fällt mit dem allgemeinen Gebrauch
des Fächers in Europa zusammen. (15. Jahrh.) Dem Überhand-
nehmen des Lamellenfächers im 17. Jahrhundert folgt die Glanz-
periode des Faltfächers zur Zeit des Rokoko. Die in der heutigen
Mode vorherrschende Form ist ebenfalls der Faltfächer.
Ägyptische Wandmalereien und assyrische Reliefbilder zeigen im
Gefolge der Könige häufig Fächerträger mit gröfseren oder kleineren
Wedeln. Die gebräuchlichen ägyptischen Formen werden durch
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur