Seite - 470 - in Handbuch der Ornamentik - Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
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470 Chorstühle. — Taburett, Drehstuhl etc.
der hinteren Reihe ist gewöhnlich als Rtickgetäfel mit reichen
Schnitzereien, Intarsien etc. und baldachinartigen Verdachungen durch-
gebildet. Vor dem Sitz befindet sich meist ein Knieschemel oder
ein eigentliches Betpult. Bei mehrreihigen Gestühlen sind die Pulte
der hinteren Reihe gleichzeitig die Rücklehnen der tiefer liegenden
Vorderreihen. Hin und wieder sind die Vorderreihen durch Zugänge
zu den hinteren Reihen unterbrochen, wobei die den Abschlufs bil-
denden Stirnwände eine besonders reiche Ausstattung erhalten.
Aus der gotischen und hauptsächlich aus der Renaissanceperiode
sind in Deutschland, Frankreich, Italien, England u. s. w. eine grofse
Anzahl hervorragender Chorgestühle erhalten, deren Aufzählung hier
zu weit führen würde. Es ist vielfach ein ganz enormer Aufwand
an diesen Werken entwickelt. Reiche omamentale und architektonische
Motive wechseln mit figürlichen Darstellungen aus der biblischen Ge-
schichte und Heiligenlegende; aber auch profane und satirische Kom-
positionen sind keine Seltenheit, so dafs die Chorgestühle sowohl für
die Geschichte der Kunst als der Kultur überhaupt von hoher
Bedeutung sind. Unsere Tafel giebt zur Erläuterung des Gesagten
einige wenige Beispiele, die noch lange nicht zu den reichsten ge-
hören.
Tafel 246.
1. Partie des Chorgestühles in der Kirche Sta. Maria Novella in
Florenz von Baccio d'Agnola. Ende des 15. Jahrhunderts. Fries,
Rückwand, Pilasterfüllungen etc. mit reizenden Intarsien geschmückt.
(Teirich.)
2. Seitenansicht und Querschnitt hierzu.
3. Seitenstück des Stuhlwerks der Laurenziana in Florenz. Anfang
des 16. Jahrhunderts. Angeblich von Michelangelo. (Gewerbehalle.)
4. Seitenansicht und Querschnitt durch die Mittelreihe des Chorgestühls
in der grofsen Kirche zu Dortrecht. Niederländische Renaissance.
5. Modern-französischer Chorstuhl im romanischen Stile. Elisabethen-
kloster zu Fourvieres bei Lyon. Architekt Leo. (Raguenet.)
T a b u r e t t , D r e h s t u h l etc. (Tafel 247.)
Der einfachste, wenn auch nicht bequemste Sitz ist das Taburett,
der Stuhl ohne Lehne. Seine Form ist, wie unsere Tafel zeigt, seit
alters her in Anwendung. Wohl die primitivste, gleichzeitig stabilste
Art ist das runde Brett mit drei Füfsen; das ägyptische Beispiel,
Fig. 2, mag als das Urbild unseres heutigen Schusterstuhles gelten.
(Allerdings noch einfacher ist der Stuhl des Pflasterers, der nur einen
Fufs besitzt und darin dem modernen Jagd- und Feldstuhl ähnlich
ist.) Das vierfüfsige Taburett, gewöhnlich quadratisch, zeigt im all-
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur