Seite - 481 - in Handbuch der Ornamentik - Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
Bild der Seite - 481 -
Text der Seite - 481 -
Der gewöhnliche Tisch. 481
Wo die Platte verziert wird, kann es nur im Charakter der Flach-
ornamentik geschehen, durch Mosaik- und Intarsiaarbeit, durch Gra-
vierung, Bemalung etc.
Die Gröfse der Tische ist je nach ihrer Bestimmung sehr ver-
schieden; dagegen schwankt die Tischhöhe nicht bedeutend und bewegt
sich für die gewöhnlichen Arten zwischen 75 und 80 cm. (Tische
mit verstellbaren Füfsen zum Verändern der Tischhöhe waren in der
Antike im Gebrauch, den Anforderungen der damaligen Lebensweise
entsprechend; ebenso zeigen eine ähnliche Einrichtung gewisse moderne
Zeichentische, bei denen nicht nur ein Einstellen auf verschiedene
Höhen, sondern auch das Schrägstellen der Tischplatte ermöglicht ist.)
Vom historischen und stilistischen Standpunkte aus ist folgendes
zu bemerken: Die ägyptischen, assyrischen und persischen Tische, wie
wir sie hauptsächlich von den Abbildungen der Opfertische her kennen,
zeigen gedrehte Füfse, die in Tierklauen endigen, ein Motiv, das auch
bei Griechen und Römern beliebt ist, nur mit dem Unterschied, dafs
bei den letzteren diese Klauen direkt auf dem Boden aufzustehen
pflegen, während bei den erstgenannten Völkern unter den Klauen
weitere Untersätze in Form von Pinienzapfen oder ähnlichem ange-
bracht werden. In der Antike sind die Untergestelle häufig aus Bronze;
die Füfse zeigen eine ähnliche Bildung wie diejenigen am Dreifufs
und lassen sich verschieben wie jene, wie bereits erwähnt (Fig. i).
Dabei sind die Platten häufig aus Stein oder Holz. Grofse recht-
eckige Tische mit steinernen Stirnwänden von reicher Durchbildung
und runde Tische mit drei Füfsen aus Marmor, wie sie auf Tafel
143 und 144 in gröfserer Zahl abgebildet sind, sind eine bekannte
Erscheinung von den Ausgrabungen in Pompeji her. Eigentliche
Speisetische in unserem Sinne kennt die Antike nicht; auch in der
frühgriechischen Zeit, da man zum Essen noch zu sitzen pflegte,
hatte jeder Speisende ein besonderes kleines Tischlein, und ebenso
in der späteren Zeit, als man das Mahl liegend einnahm. Diese
kleinen Tische waren durchweg niedriger als die unsrigen. Ganz
ähnlich finden sie sich ebenfalls bei den Römern (Fig. 3), neben
gröfsern Tischen, die bei gemeinsamen Gelagen zwischen die in | J Form
aufgestellten Speisesofas gesetzt wurden. Jene oben erwähnten grofsen
Mormortische waren nicht Speise-, sondern Prunktische, die im Tab-
linum und im Atrium des römischen Hauses Aufstellung fanden. In
spätrömischer Zeit wurde ein grofsartiger Luxus getrieben; so wird
fct^ erzählt von Tischen mit Füfsen aus Silber und Elfenbein mit
runden Platten aus dem Hirnholz von seltenen Bäumen u. s. w. (Für
derartige Tischplatten wurden ganz fabelhafte Preise bezahlt, bis zu
300000 Mark für ein Exemplar.)
Die Tische des Mittelalters waren im allgemeinen rechteckig oder
halbkreisförmig, ruhten auf Pfosten oder Sägebockfüfsen und waren
etwas schwerfälliger und einfacher Art. (Übrigens wird von Karl dem
Meyer, Handb. d. OrnameDtik. 3I
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur